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Online-Journalismus der „Krautreporter“Respekt, Krauts, Respekt!

Die „Krautreporter“ haben ihr Ziel erreicht: 15.000 Unterstützer finanzieren das Projekt – so steht es zumindest auf der Webseite.

Selbst im fernen Brasilien jubeln die Massen über „Krautreporter“. Bild: ap

BERLIN taz | Kurz vor Schluss wurde es dem Server zu viel: „This website is under heavy load“. Unter dem Ansturm der Schaulustigen war sie zusammen gebrochen, die Seite der Krautreporter, genau wie vor vier Wochen, als das Projekt startete.

Gegen 13 Uhr, also elf Stunden vor dem Ende, war das Ziel trotzdem erreicht: 15.000 Unterstützer finanzieren im kommenden Jahr ein werbefreies Onlinemagazin, das ausschließlich große Reportagen und Hintergrundgeschichten bringen soll. Leserfinanzierter Onlinejournalismus – was für ein Luxus!

Dabei ist dieser Erfolg, so ehrenwert und groß er ist, auch ein bisschen geschummelt. Es sind nicht wirklich, //krautreporter.de/das-magazin:wie auf der Krautreporter-Webseite angegeben, 15.000 Unterstützer. In den vergangenen vier Wochen haben mehrere Großspender ihr Geld gegeben: Der Verlegersohn Konstantin Neven Dumont hat 150 Abos gekauft, die Rudolf-Augstein-Stiftung 1000. Mehrere anonyme Personen spendeten mehr als die erforderlichen 60 Euro – einer sogar 20.000. Damit haben die „Krautreporter“ also weniger Unterstützer, aber mehr Geld als gehofft.

Augenwischerei, könnte man sagen, in Anbetracht der Tatsache, dass mehrere tausend Leser Geld in dieses Projekt investieren. Aber es ist immerhin eine Erklärung für den plötzlichen Aufwind, den das Projekt kurz vor Schluss bekam.

Wer moderiert die Kommentare?

Noch am Dienstagabend, als die Krautreporter in Berlin ihren Endspurt feierten, lag die Zahl der Unterstützer bei knapp 9.000. Einige Medien und Blogger erklärten Krautreporter da schon für gescheitert. Andere, wie Anke Domscheidt-Berg, Sascha Lobo und Richard Gutjahr riefen ihre Follower noch einmal zum Spenden auf. So wurde es am Ende ein ziemlich rasanter Triumph: Ab Freitagmittag wuchs die Zahl der Unterstützer im Sekunden-Takt.

Jetzt müssen die 27 Journalisten schnell loslegen, denn die Erwartungen sind hoch: Die Themenideen, die sie vorab auf ihrer Webseite veröffentlich hatten, sind gut, aber nicht so exklusiv, wie die Reporter es zum Start des Projektes angekündigt hatten. Der Dialog mit der Kraut, auf den die Reporter so viel Wert legen, dürfte interessant werden. Lesen dürfen alle, kommentieren nur die Abonnenten.

Nur, wer moderiert die Kommentare? Was passiert mit Trollen, Nazis und Spinnern, die die Webseite zuspammen, aber immerhin bezahlt haben? Dass Krautreporter es geschafft haben, in nur vier Wochen so viel Geld einzutreiben, ist eine große Leistung. Zu bestehen wird die größere.

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3 Kommentare

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  • Man wird bei der Autorin das Gefühl nicht los, dass sie nicht sonderlich viel von dem Projekt hält – wie bei einer Reihe anderer Kommentatoren etablierter Verlage – vielleicht kann man die Leute erst mal machen lassen und nicht schon auf ihnen Rumhacken, bevor es losgegangen ist, auch die TAZ hat nicht von Anfang an alles richtig gemacht (als die TAZ aus der Taufe gehoben wurde, habe ich noch nicht gelebt, aber ich kenne die Anfänge der TAZ im Neuland und soviel steht fest, da werden die Krautreporter sicher besser starten von der Optik und Professionalität, und um einen Massenansturm auf einen Server abzufangen braucht es einiges an Geld, auch wenn sowas heute sicher besser bezahlbar ist, aber das sind Journalisten, keine Leute vom CCC, die auf sowas spezialisiert sind), und der vollmundige Slogan der Krautreporter hat vielleicht auch damit was zu tun, dass man Aufmerksamkeit erzeugen muss um innerhalb von so kurzer Zeit so viel Leute dafür zu gewinnen. Wann hat denn die TAZ zuletzt soviel neue Abonennten in so kurzer Zeit gewonnen? Klingt fast ein bisschen neidisch. Ist doch egal, ob das Lauter Einzelleute sind oder ob auch ein paar größerer Unterstützer dabei sind, bei der TAZ wird es schließlich auch ein paar Leute geben, die sich mehr engagieren als andere, weil ihnen daran liegt, dass es die TAZ gibt. Ich verstehe nicht, wieso ihr so dagegen schreibt, zu Zeiten, als die TAZ noch Ideale hatte, hätte sich die TAZ gefreut, wenn es andere interessante Projekte gibt. Aber auch bei der TAZ gibt es immer mehr Artikel, wo man den Eindruck hat, da geht es nur ums erzeugen von Klicks, denn da wo es spannend wird, hören die Artikel auf.

    • @Lee Ma:

      Ein schönes Negativ-Beispiel ist auch dieser Kommentar von Roland Pimpl: http://www.horizont.net/aktuell/medien/pages/protected/Kommentar-Was-die-Krautreporter-gezeigt-haben---und-was-nicht_120940.html

      Da behauptet auch wieder ein ahnungsloser Lemming, Springer würde mehr für die "Zukunftssicherung des Journalismus" tun, als die Krautreporter. Da fragt man sich schon, ob Journalisten heutzutage überhaupt noch eine eigene Meinung und einen Denkapparat haben, oder alles blind nachplappern, was Springer-Medien ihnen vorsetzen.

       

      Seine Ahnungslosigkeit beweist Roland Pimpl auch eindrucksvoll, indem er behauptet, dass "dauerhafte Versorgung mit Gütern nicht über Spenden und Mäzene funktioniert, sondern allein über MÄRKTE". Der selbsternannte Experte hat also noch nie etwas davon gehört, dass sich die TAZ seit Jahrzehnten dauerhaft genau über Spenden und Mäzene einer Genossenschaft finanziert.

       

      Die Ahnungslosigkeit und das ewgigestrige Bejubeln der "Märkte" in seinen Kommentaren könnte aber auch nur daran liegen, dass Roland Pimpl zufälligerweise auch Autor der rechtspopulistischen und neoliberalen Monatsschrift "eigentümlich frei" ist!

    • @Lee Ma:

      Wo schreibt die TAZ denn "dagegen"? Eigentlich ist es doch auch der Job der Medien, kritisch über Dinge zu berichten, statt sie nur platt zu bejubeln.

       

      Andererseits ist es richtig, dass die Distanz und kritische Zurückhaltung gegenüber Krautreporter allgemein doch überraschend groß war. Das hat aber nichts mit der TAZ zu tun, sondern war in allen Medien so.

       

      Ärgerlich wird es nur, wenn man vergleicht, wie Journalisten den Einstieg von Springer ins Bezahl-Internet mit dem schwachsinnigen Konzept von BILD PLUS dagegen abgefeiert haben, als wäre dieses unausgegorene und von Anfang an zum Scheitern verurteilte (weil auf Boulevard-Trash und Mee-Too-Inhalte setzende) Konzept die Rettung des Journalismus.

       

      Da haben sich Journalisten und Medienleute sogar erblödet, die unsinnige Behauptung aufzustellen "wenn Springer es mit BILD nicht schafft, schafft es keiner". *facepalm* Das zeigt wieder mal, was für unterwürfige Lemminge Journalisten und Medienleute sind und sich oft einbilden, Springer hätte die einzige Wahrheit und Lösung gepacht und wäre das leuchtende Vorbild der Branche, dem jeder zu folgen hat.