VW fährt gen Jobabbau

Erst Continental, jetzt ist die Schließung der VW-Gießerei in Hannover im Gespräch. Konkurrenten im Ausland können ihre Zylinderköpfe um 23 Prozent billiger herstellen. Betriebsräte wehren sich

von Kai Schöneberg

Der Letzte macht bitte das Licht aus. Nach den Diskussionen um die Schließung der profitablen PKW-Reifenproduktion bei Continental droht jetzt offenbar auch der Gießerei im Volkswagen-Werk in Hannover das Aus. In der Produktion müssen angeblich 1.300 Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz bangen, auch dem Werk in Kassel könnte es an den Kragen gehen, sagte einer, der es wissen muss.

VW vergleiche derzeit eigene Produktionskosten mit Preisen ausländischer Zulieferer, brachte VW-Betriebsrat Günter Lenz die böse Botschaft auf den Nenner. Gussteile von ausländischen Anbietern sind laut Lenz „deutlich günstiger“ als die Produkte aus dem Werk in Hannover, wo außerdem Nutzfahrzeuge gefertigt werden. Ein Beispiel: Zylinderköpfe würden im Ausland satte 23 Prozent günstiger gefertigt. Am Standort Hannover diskutiere der Vorstand darum die Zukunft der Gießerei. Ein VW-Sprecher sagte nur, das Unternehmen überprüfe alle Fahrzeugbauteile auf Wirtschaftlichkeit, auch die Komponentenfertigung.

Am vergangenen Donnerstag hatte Konzernchef Bernd Pischetsrieder auf einer Betriebsversammlung im Stammwerk in Wolfsburg die Belegschaft auf weitere Einschnitte vorbereitet. Vor allem die defizitäre Kernmarke VW müsse ihr Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramm weiterverfolgen. VW-Markenchef Wolfgang Bernhard war unlängst deutlicher geworden. Mit der viel zu niedrigen Produktivität könne VW im Volumensegment langfristig nicht überleben. Während die Konkurrenz im Durchschnitt einen Wagen in 25 Stunden oder weniger montiere, benötige VW doppelt so lange. Deshalb werde es „tief greifende Veränderungen“ geben. „Der deutsche Teil der Volkswagen AG“ überlebe derzeit nur, weil Werke im Ausland oder Quersubventionen Verluste ausglichen. Wie hoch der angekündigte Personalabbau ausfallen werde, sagte er nicht.

Während Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh in Wolfsburg nur sanft „soziale Balance“ anmahnte, empörte sich sein Kollege in Emden viel deutlicher: Mit den Worten „Wir ziehen uns nicht jeden Schuh an“, ging Peter Jacobs den Sanierer Bernhard direkt an. „Wir können für uns sagen, dass wir auf einem guten Weg sind und uns weiterentwickeln“, sagte Jacobs am Rande einer Veranstaltung im Emder Werk. Das Management solle die hiesigen Werke nicht derart unter Druck setzen. Es gebe Probleme „nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern, beispielsweise in China“. Konzernchef Pischetsrieder hatte vor Monaten das Werk Emden, in dem der Passat produziert wird, als Schließungskandidat gehandelt.

Derweil schwelt der Krach im VW-Aufsichtsrat weiter: Am Freitag hielt Porsche-Chef Wendelin Wiedeking im Handelsblatt eine Aufstockung der Porsche-Beteiligung an Volkswagen für möglich. Vor kurzem hatte der Hersteller schneller Flitzer 18,5 Prozent der Anteile an dem viel größeren VW-Konzern gekauft. Außerdem verfügt Porsche noch über eine Option, die Beteiligung auf 22 Prozent zu erhöhen. Und Wiedeking sagte, dass er im VW-Aufsichtsrat vertreten sein wolle, aber nicht in welcher Funktion. In dem Kontrollgremium gebe es Defizite. „Es kann doch nicht sein, dass ein Vorstand bei unangenehmen Fragen wie Personalabbau nicht genug Rückendeckung im Aufsichtsrat hat, weil dort keiner die unangenehmen Konsequenzen verantworten will.“

Im Oktober war es im Aufsichtsrat zum Eklat gekommen. Kern des Konflikts: Großaktionär Christian Wulff, Niedersachsens CDU-Ministerpräsident, konnte nicht die Abwahl des Vorsitzenden Ferdinand Piech durchsetzen, der den Audi-Vorstand Horst Neumann als neuen Personalvorstand durchgeboxt hatte. Unlängst musste Wulffs Staatskanzlei einen Bericht der Financial Times Deutschland dementieren, dass der Regierungschef VW-Anleger gegen Porsche aufwiegele.