Flottes Spiel dank vieler Fehler

Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach trennen sich 1:1. Während das Publikum durchaus Freude an der Partie hatte, ließen die Trainer kaum ein gutes Haar an ihren Mannschaften. Beide hatten Probleme in der Defensive

Von Zeit zu Zeit kann mangelndes Fachwissen auch ein Segen sein. Was ein durchschnittliches Fußballpublikum erwärmt und unterhalten hat, fanden die Trainer von Borussia Mönchengladbach und Hannover 96 eher grottig und fehlerhaft. Ungestüm und temporeich waren Gladbachs Fohlen und Hannovers Rotwild mit jeweils zwei bis drei Stürmern über den Platz galoppiert und hatten ihren beiden Trainern wenig Grund zur Freude geboten.

„Angesichts der Fehler auf beiden Seiten, die soviel Torchancen ermöglichten, wäre ein 8:8 auch leistungsgerecht gewesen. Oder ein 6:6“, lautete das einbärtige Urteil von Gladbachs Trainer Horst Köppel und Hannovers Peter Neururer nach dem Spiel. „Was Außenstehende als durchaus attraktives und temporeiches Spiel empfanden, sehen wir als Trainer etwas anders“, resümierte Neururer.

Beide Trainer zeigten sich in ihrer Analyse ebenso angriffslustig wie zuvor ihre Mannschaften und suchten ihr Heil in der „Flucht nach vorn“: „Bei soviel Torchancen liegen Fehler im Defensivverhalten vor. Zudem noch Schwächen in der Offensive, weil die Torausbeute fehlte. Das Spiel war jedoch für die Zuschauer sehenswert und unterhaltend.“

Dem spaßorientierten Erlebnispublikum wurde ein offensiver Schlagabtausch zweier Mannschaften geboten, die ihre Defensive vernachlässigten und ordentlich einstecken mussten, ohne jedoch k.o. zu gehen. „Das Unentschieden geht in Ordnung“, meinte Köppel, der seine Mannschaft nach der 0:1-Heimniederlage gegen Nürnberg im Aufwind sah. Davon, dass auch Hannover dank sieben Punkten aus drei Spielen mit Rückenwind in die Partie ging, war zunächst wenig zu spüren. „Es war großes Glück, dass wir es geschafft haben, wieder ins Spiel zurückzufinden“, beschrieb Neururer den glücklichen Umstand, dass seine taumelnde Mannschaft nach der 1:0-Führung der Gladbacher in der 49. Minute nicht noch weitere Treffer eingeschenkt bekam. Dazu war durchaus Gelegenheit. Hannover ließ die linke Deckung hängen, rappelte sich jedoch wieder auf und fand zurück ins Spiel. Neururer kannte den Grund. „Es lag an meiner Fehleinschätzung, Michael Delura in den linken Defensivbereich zu stellen. Das hat nichts mit seiner Leistung zu tun“, verteidigte Neururer den nach der Pause eingewechselten Offensiv-Allrounder. Delura hatte keine Gelegenheit, auf ungewohnter Position ins Spiel zu finden und wurde ein ums andere Mal angezählt.

Die öffentliche Kritik seines Teamkollegen Stajner steckte ihm jedoch nicht in den Knochen. Der Tscheche saß beim 2:0-Erfolg in Dortmund zunächst nur auf der Bank und hatte über Mannschaftskollege Delura gelästert: „Wenn ein schlechterer spielt, ist das unfair.“

„Jiri wurde mit einer empfindlichen Geldstrafe belegt“, sagte Neururer. „Er hat das eingesehen und das Thema ist jetzt erledigt“. Um einige tausend Euro erleichtert, hob Stajner in der 67. Minute nach einer Brdaric-Flanke ab und gewann das Duell gegen Gladbachs Torhüter Keller. „Wenn man keine Flanken bekommt, muss man eben selbst welche geben“, kommentierte Brdaric seine Vorlagen-Stärke.

Darüber freute sich auch Peter Neururer, dessen insgesamt offensive Ausrichtung und Kommunikationsfreude jeden Kritikkorridor schließt. Die sportorganisatorische Führungscrew von Hannover 96 darf sich bedeckt halten. Noch bei der Pressekonferenz in der vergangenen Woche bewies Neururer, wie gut er sich selbst helfen kann. Vehement maßregelte er einen „schreibenden Assistenztrainer“, der Hannovers Bulgaren Yankov für nicht bundesligatauglich hielt. So etwas lässt sich Neururer nicht bieten. Jörg Heynlein