Alle auf die Roten!

BASKETBALL Der FC Bayern München verliert sein Halbfinale gegen den späteren Pokalsieger Alba Berlin und ist doch das große Thema

AUS BERLIN JOHANNES KOPP

„BBLach-Pokal“ stand auf dem Transparent geschrieben, mit dem die Fans von Alba Berlin am Samstagabend in der heimischen Arena am Ostbahnhof etliche Fotografen für einen Schnappschuss anlockten. Die Halbfinalpartie gegen Bayern München neigte sich da bereits dem Ende entgegen und Alba, die aufgrund einer formidablen Vorstellung von ihrem großen Vorsprung zehrten, war der Sieg nicht mehr zu nehmen. Mit dem 92:83-Erfolg qualifizierten sie sich für das Endspiel gegen Ulm, das sie gestern Nachmittag mit 85:67 gewannen. Weil Alba als Gastgeber für das Turnier um den Pokal gesetzt war, genügte bereits eine gewonnene Begegnung für die finale Ausscheidungspartie um den Titel.

Der sportlichen Wert des Wettbewerbs ist gewiss nicht sonderlich hoch anzusiedeln. Die Alba-Fans brachten dies kurz und bündig zum Ausdruck. Nach dem Willen der Basketball-Bundesliga (BBL) sollen die Besten der Besten sich möglichst ungestört eine Show liefern können, weshalb man vor vier Jahren die lästigen Vorrunden abschaffte. Doch auch bei dieser konzentrierten Turnierform nahm sich die erste Halbfinalpaarung am Samstag zwischen Ulm und Quakenbrück (86:77) wie ein Vorspiel auf das vermeintlich vorweggenommene Finale aus. Alle fieberten dem Aufeinandertreffen zwischen Alba Berlin und dem FC Bayern München entgegen. „Es gibt ja einige, die glauben, wenn wir die Bayern schlagen, dann haben wir das Ding gewonnen. Die haben sich aber geschnitten“, erklärte Alba-Geschäftsführer Marco Baldi, nachdem der Finaleinzug feststand. „Ulm ist eine Spitzenmannschaft.“ Trotzdem sollte es für die Ulmer am Sonntag nicht reichen.

Es ist in der Tat paradox, da sich doch gerade in dieser Saison das vorläufige Ende des Zeitalters der Hegemonien abzuzeichnen scheint, in dem Mannschaften wie Bayer Leverkusen, Alba Berlin und zuletzt Brose Bamberg die Liga dominierten. Obwohl Teams wie Ulm, die Artland Dragons oder auch Oldenburg derzeit auf Augenhöhe mit den altehrwürdigen Größen und dem aufstrebenden FC Bayern München spielen, nimmt sie keiner so richtig für voll.

Dieser Umstand ist vermutlich vor allem der allgemeinen Angst vor den Wachstumsmöglichkeiten des FC Bayern geschuldet. So lenkten zuletzt insbesondere die Verantwortlichen von Alba Berlin die Blicke auf die neue Großmacht. Zum „Topfavoriten“ für das Pokal-Turnier hatte Baldi „das Team mit dem höchsten Etat“, wie er stets betont, erklärt. Und Alba-Aufsichtsratschef Axel Schweitzer verglich das Basketball-Geschäftsmodell des FC Bayern mit dem eines russischen Oligarchen.

Svetislav Pesic, der Trainer der Münchener, erzählte am Wochenende amüsiert, wie sein Tübinger Kollege jüngst „von einem historischen Sieg“ sprach, nachdem sein Team die Bayern bezwungen hatte. „Wenn der FC Bayern verliert“, so Pesic, „gibt es auf den Pressekonferenzen keinen freien Platz.“ Die Erwartungen seien immens. Man dürfe aber nicht vergessen, dass der Klub erst sein zweites Jahr in der Bundesliga spiele. Von einer „Auswärtskrise“ seiner Mannschaft, die auch in der Liga in den vergangenen Wochen einige Punkte liegen ließ, wollte er nichts wissen. Vielmehr propagierte er einen Perspektivwechsel. Sein Fazit nach dem Halbfinale: „Es ist ganz einfach. Alba hat seinen Heimvorteil genutzt.“

Dabei waren die Münchner Anhänger in Berlin durchaus zahlreich vertreten. Beim „Dezibeltest“ in der Halbzeitpause unterlagen sie den lärmenden Alba-Fans nur deshalb so deutlich, weil diese noch aus Quakenbrücker und Ulmer Kurve unterstützt wurden. Auch wenn von allen Seiten dem FC Bayern eine Art Lokomotivfunktion in der im Aufschwung begriffenen Liga attestiert wird, eint den Rest der Liga die Missgunst.

Und die Basketballfans des FC Bayern scheinen eh von einem anderen Stern zu kommen. Fünf überdimensionierte Pappfiguren reckten sie am Samstagabend in die Höhe. Drei Fußballer (Schweinsteiger, Balotelli, Uli Hoeneß) eine Politikerin (Merkel) und ein Basketballtrainer (Pesic) waren zu sehen. Von einer gewachsenen Basketballkultur zeugte die beliebige Auswahl wahrlich nicht. Der italienische Fußballnationalspieler Mario Balotelli war gar mit Büstenhalter in seiner Deutschlandbesiegerpose zu sehen. Was das zu bedeuten hatte? Das wusste keiner. Nur eines war gewiss: Mit Basketball hatte es nichts zu tun.