piwik no script img

Streit um Kosten für PolizeieinsätzeRandale auf Rechnung

Der Senat will die Deutsche Fußball-Liga zur Bezahlung von Polizeieinsätzen verpflichten. Die bundesweit einzigartige Regelung muss aber noch vor Gericht bestehen.

Besonders bei Nordderbys ist die Polizeipräsenz in Bremen unübersehbar - und kostspielig. Bild: Simone Schnase

BREMEN taz | Die Kosten von Polizeieinsätzen bei Ausschreitungen bei Fußballspielen sollen in Zukunft von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) mitgetragen werden. „Als Veranstalter der Bundesligen verdient der Verband Milliarden mit Übertragungsrechten, während die Polizei mit Überstunden und erheblichem finanziellem Aufwand dafür einsteht“, begründete Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) diesen bundesweit einzigartigen Senatsbeschluss vom Dienstag.

Einen moralischen Vorwurf gegen Vereine oder DFL vermied Mäurer – im Gegenteil lobte er die bisher gute Zusammenarbeit zwischen Sportverbänden und Polizei. Der eingeschlagene Weg über das Gebührenrecht zeige deutlich, dass es hier nur darum gehe, „durch staatliche Leistungen erbrachte geldwerte Vorteile zu vergüten“.

Die DFL ließ sich von dieser Unterscheidung nicht überzeugen. Laut Informationen von Radio Bremen hat Liga-Präsident Reinhard Rauball als Konsequenz sogar angedroht, das Länderspiel gegen Gibraltar zu streichen. Klagen wird die DFL außerdem: Die Regelung sei eine „Blanko-Vollmacht zur willkürlichen Belastung Einzelner“ sagte Rauball.

Tatsächlich ist die Regelung dem Fußballverband trotz allgemeiner Formulierung auf den Leib geschneidert: Voraussetzungen der Gebührenerhebung sind, dass es sich um gewinnortierte Großveranstaltungen handelt, bei denen mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zu rechnen ist. Daran dass diese „drei Gs“, wie Mäurer sagt, schon einmal jenseits von Fußballspielen zusammengekommen wären, könne selbst er sich nicht erinnern.

Neben der DFL kritisierte auch die Gewerkschaft der Polizei den Vorstoß. Kosten von Risikospielen auf die DFL abzuwälzen, reduziere nicht die Gewalt gegen BeamtInnen, sagte Landesvorsitzender Jochen Kopelke. Er habe den Verdacht, dass „die Politik versucht, mithilfe unserer Polizei einen Weg zu finden, Geld in die leeren Kassen zu spülen.“ Mäurer hingegen sprach davon, mit dem Geld Überstunden bei der Polizei zu bezahlen.

Risikoabwägung im Einzelfall

Um wie viel Geld es genau geht, ist noch unklar. In Rechnung gestellt werden soll der polizeiliche Mehraufwand bei sogenannten Risikospielen. Als Werder am 1. März gegen die HSV antrat, seien 1.200 PolizistInnen im Einsatz gewesen, so Mäurer. Üblich seien 200 – diese normale Polizeibegleitung von Großveranstaltungen übernehme das Land auch weiterhin. Die Risikoabwägung erfolge im Einzelfall, solche Spiele mit 300.000 Euro in Rechnung zu stellen, hält er aber für realistisch.

Nach der Sommerpause entscheidet die Bürgerschaft über den nächsten Schritt: die Änderung des Gebührenrechts. Und dann stehen die juristischen Auseinandersetzungen mit der DFL ins Haus. Sollte sich Bremen durchsetzen, könnte die Rechnung dann im Dezember rausgehen, wenn Werder und Hannover 96 aufeinandertreffen.

Sehr wahrscheinlich ist das allerdings nicht, denn die DFL will sich, „mit allen juristischen Mitteln zur Wehr setzen“. Sollte Bremen sich durchsetzen, könnten andere Länder nachziehen, sagte Mäurer, bisher allerdings stehe das Stimmungsbild in der Innenministerkonferenz 15 zu eins.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • 1G
    12671 (Profil gelöscht)

    Die Idee der Bürgerschaft ist beachtlich. Hoffentlich bewegt sich auch Mainz in dieselbe Richtung. Mainz 05 steht gerade auf Platz 3, aber bezahlen wollen sie nicht. Hier der aktuelle Hintergrundbericht mitsamt politischen Hintergründen zur Lage:

     

    http://analogo.de/2014/10/23/mainz-05-erfolgreich-auf-kosten-des-steuerzahlers/

  • Das wurde aber auch Zeit, dass mal jemand nicht nur darüber redet, die Millionarios der Fußballbundesliga für die Beschützung ihrer Spiele und Zuschauer(innen) bezahlen zu lassen, sondern das auch zu praktizieren.