Hamburgs lästige Sammlungen

KULTURPOLITIK Mit Harald Falckenberg bietet der dritte renommierte Sammler innerhalb weniger Jahre der Stadt Hamburg seine Werke an. Die lässt sich mit der Freigabe des nötigen Kleingelds allerdings Zeit

Für die Schiffs- und Waffensammlung von Peter Tamm gab die Stadt 30 Millionen

Kunstsammler in Hamburg zu sein ist nicht leicht. Das zeigt der anhaltend ungeschickte Umgang der Stadt mit betagten Sammlern, die ihre Kunst in städtische Obhut geben wollen. Oft müssen sie mit Abwanderung drohen, bevor die Stadt begreift, welchen kulturellen Mehrwert eine international renommierte Sammlung bedeutet. Markantes Beispiel war die Sammlung des Ex-Modefotografen F. C. Gundlach, die 2005 endlich eine Heimstatt in der südlichen Deichtorhalle fand, dem „Haus der Photographie“.

Um die zugehörige Nordhalle – eine 3.800 Quadratmeter Großmarkthalle aus dem 19. Jahrhundert, die für Künstler wegen Dimension und Lichtführung sehr verführerisch ist – geht es in der aktuellen Diskussion. Diese Halle wäre nämlich gut geeignet, um die renommierte Avantgarde-Sammlung des Juristen und Unternehmers Harald Falckenberg in immer wechselnden Facetten zu zeigen. Rund 2.000 Werke politischer, querköpfiger Außenseiterkunst – vor allem Installationen aus den 80er und 90er Jahren – hat Falckenberg zusammengetragen. Seit 2001 residieren sie in den Fabrikhallen der ehemaligen Phoenix-Werke in Hamburg-Harburg. Schwerpunkt des bisherigen Falckenberg’schen Ausstellungsprogramms ist die Konfrontation seiner Werke mit denen anderer Sammler. 20.000 Besucher erscheinen pro Jahr.

Im Sommer 2009 hat Falckenberg allerdings seinen Rückzug aus der Ausstellungstätigkeit angekündigt. Seine Sammlung wollte er in eine Stiftung überführen, deren Kapital zur Hälfte von der Stadt kommen sollte; rund 15 Millionen wären da angefallen. Auch mit der Kunsthalle hatte es Gespräche über eine Kooperation gegeben.

Inzwischen ist all dies aufgrund klammer städtischer Finanzen vom Tisch. Stattdessen soll die Sammlung, wie die Fotosammlung Gundlach, möglichst bald als Dauerleihgabe an die Deichtorhallen gehen. Davon träumen jedenfalls Falckenberg und der vor drei Monaten angetretene Deichtorhallen-Direktor Dirk Luckow. Einziger Pferdefuß: Für Betriebskosten und Betreuung der Sammlung werden 500.000 Euro jährlich sowie ein zusätzlicher Ausstellungskurator gebraucht.

Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) steht dem Projekt „positiv gegenüber“. Ob es ihr aber gelingen wird, die Summe in den bald zu verhandelnden Doppelhaushalt 2011 / 2012 einzustellen, ist nicht heraus – zumal der Betrag für längere Zeit anfiele. Wie die Sammlung Gundlach soll die Sammlung Falckenberg zunächst bis zum Jahr 2023 den Deichtorhallen anvertraut werden. Es bräuchte also einen langen Atem.

Dass die Laufzeiten der Gundlachschen und der Falckenbergschen Leihgaben gekoppelt werden sollen, wird von der Kulturbehörde offiziell mit dem „Experimentcharakter“ der Konstruktion begründet: Man wisse nicht, ob die Kooperation eines Ausstellungshauses mit einer Privatsammlung funktioniere. Warum dies als Risiko gilt, steht dahin, ebenso, warum man es trotzdem gleich zweifach eingeht.

Dass in Hamburgs Kulturpolitik längere Laufzeiten sowie ein großzügiger Umgang mit Geld möglich sind, hat die Schiffs- und Waffensammlung des Ex-Springer-Vorstandschefs Peter Tamm gezeigt. Für dessen 2007 eröffnetes Museum hatte die Stadt 30 Millionen und einen historischen Kaispeicher in 99-jähriger Erbpacht hergegeben. Und das, obwohl der kulturelle Mehrwert der Tamm’schen Sammlung – anders als bei Gundlach und Falckenberg – mehr als umstritten ist. PS