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Frappant-Vorstand wirft Mitglieder rausEin Verein zerlegt sich

Vor dem Kauf der Viktoria-Kaserne durch eine Genossenschaft hat der Vorstand des Frappant-Vereins die Mietverträge seiner Mitglieder gekündigt.

Der Friede trügt: Darüber, wer sich in Zukunft in der Viktoria-Kaserne einmieten darf, wird heftig gestritten. Bild: Lena Kaiser

Der Vorstand des Frappant-Vereins hat den Vereinsmitgliedern die Mietverträge für die Viktoria-Kaserne gekündigt. Fristgerecht zum 30. September müssen die Künstler ihre Ateliers und Arbeitsräume verlassen, sollte die neue FUX-Genossenschaft ihnen keinen neuen Mietvertrag geben.

Die FUX-Genossenschaft ist im Begriff, die Viktoria-Kaserne zu kaufen. Sie ist ein ein Zusammenschluss aus Mitgliedern des Frappant-Vereins und der Initiative Lux & Konsorten. Jene Mitglieder des Frappant-Vereins, die nicht auch Mitglied bei der FUX-Genossenschaft sind, fürchten, aussortiert zu werden.

Vor der Kündigung der Mietverträge hatte der Vorstand des Frappant-Vereins die Sprinkenhof AG als Eigentümerin des Gebäudes gebeten, die Mieter der Kaserne zu kündigen, um sich selbst nicht die Finger schmutzig machen zu müssen. Doch das städtische Unternehmen lehnte ab. Aus Sicht des Frappant-Vereins geht es darum, einen möglichst reibungslosen Übergang der Mietverhältnisse von Frappant zu FUX zu gestalten.

Die FUX-Genossenschaft will Grundstück und Gebäude von der Stadt kaufen, um darauf ein selbstverwaltetes Arbeits- und Gewerbeareal zu entwickeln. Der Kauf ist bereits in greifbarer Nähe. Wer die Räume künftig nutzen will, muss grundsätzlich für 3.000 Euro Genossenschaftsanteile zeichnen und sich für einen Mietvertrag bewerben.

Welche Aussicht die alten Mieter haben, vom Kasernenkauf zu profitieren, ist in dem Kündigungsschreiben vage formuliert: Für Vereinsmitglieder, die auf der Warteliste der Genossenschaft stehen oder ihren Raum wie gehabt weiter nutzen möchten, kann die Option eines temporären Mietvertrags bestehen, heißt es da. „Im Interesse einer anderen Gesellschaft kündigt der Verein sich selbst, und bietet als Option temporäre Mietverträge an“, kritisiert Olaf Scheller vom Frappant-Verein.

Auch Egbert Rühl, Geschäftsführer der Kreativgesellschaft, ist von der Entscheidung, die Mitglieder zu kündigen, irritiert: „Man hätte das auch anders machen können.“ Natürlich hätte man auch das vermietete Gebäude kaufen können. „Aber in interne Auseinandersetzungen mischen wir uns nicht ein."

Kulturbehörde und Kreativgesellschaft könnten nur die Rahmenbedingungen festlegen, so Rühl. So sei etwa vertraglich vereinbart, dass die Räume auch künftig künstlerisch und kreativwirtschaftlich genutzt werden sollen. Als Gegenleistung gibt die Stadt das Gebäude mit einer Bruttogeschossfläche von 9.500 Quadratmetern zum günstigen Preis von 1,85 Millionen Euro anhand.

Einige Künstler beklagen nun, dass sie das Nachsehen haben. Frappant-Mitglied Rolf Bergmeier schrieb in einem Blog, das Fiasko im Frappant habe etwas Prototypisches. "Das Frappant wurde von einigen seiner Mitglieder verstanden als der Versuch, Kreativwirtschaftler und bildende Künstler unter einem Dach unterzubringen."

Nun werde deutlich, dass es die bildenden Künstler seien, die aus dem Frappant rausgemobbt werden. Und das, obwohl der gemeinnützige Verein mit dem ausschließlichen Ziel der Förderung bildender Kunst angetreten sei. "Im Frappant läuft alles nur unter dem Deckmantel der Kunst", kritisiert Scheller. Im Grunde gehe es aber längst vor allem um Soziokultur und Partys.

Am heutigen Donnerstag werden außerdem Räumungsklagen gegen zwei Mitglieder des Frappant-Vereins durchgesetzt. Über Twitter verbreitete der Frappant e. V. am Dienstag den Vorwurf der Gentrifizierung: Die FUX-Genossenschaft entledige sich der Künstler auf die harte Tour, heißt es dort.

Daniel Behrens vom FUX-Vorstand erklärt, der junge Mann, der eigenständig und ohne Vereinsinteresse den Frappant-Twitter-Account gegründet habe, repräsentiere nicht den Verein und die Mitglieder. Darüber hinaus gebe es persönliche Motive, warum er solche Meldungen schreibt.

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7 Kommentare

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  • Erstaunlich, wie dünnhäutig der Artikel von den hier offenbar einhellig begeisterten Frappant&Fux&Konsorten aufgenommen wird.Da soll gleich 'Mama' soll die Taz abbestellen und überhaupt, diese gemeinen Diffamierungen von Einzelpersonen... - womit werden in dem Artikel Einzelpersonen diffamiert? Wieviel bildende Künstler sind noch in der Viktoriakaserne? Die Kommentare riechen eher nach Korpsgeist der nun erfolgreichen Kasernenübernehmer.

    Was ist der Gewinn - für wen, daß ein vergiftetes Schrottgebäude, das dazu noch potthäßlich ist, für 1,85 Mill. von der Stadt gekauft wird?

  • Ich bin seit knapp 2 Jahren Frappant-Mitglied. Mindestens seit meinem Einzug wurde in meiner Erinnerung auf jeder (!) Mitglieder-Versammlung und zahlreichen Workshops über den Übergang in die Genossenschaft gesprochen. Bei jeder Vorstandswahl haben die Kandidaten ihre Kandidatur explizit an die Gründung der Genossenschaft gekoppelt.

     

    Herr Olaf Scheller hat ebenfalls mit einem Team von 4 Personen eine außerordentliche Vorstandswahl einberufen. Zwei von seinen Gefährten tauchten gar nicht erst auf, er selbst zog seine Kandidatur vor Ort zurück und die vierte (bildende Künstlerin) ist nun im aktuellen Vorstand.

     

    Alle Vorstände sind grundsätzlich mit sehr wenigen Gegenstimmen gewählt worden. Sollte man solche demokratischen Prozesse nicht ernst nehmen, liebe taz? So vergrault ihr euch doch auch noch die letzten vernünftigen Leser, die tatsächlich aktiv an der Gestaltung dieser Stadt teilnehmen. Vielleicht wachen den Alt-68ern aus eurer Basis ja bei solchem Artikeln die eingeschlafenen Beine in ihren 6 Wochen Sommerferien auf aber in der „Szene“ führt das nur dazu, dass Eure Redakteure noch in weiteren Häusern Hausverbot bekommen.

     

    Klar kann nicht jeder den Genossenschafts-Anteil zahlen (übrigens kann der auch abgestottert werden in 100€-Happen). Dafür hat sich aus einem Kreise von Künstlern eine Soli-Gruppe gebildet, die mit Unterstützung des Hauses an der Entwicklung von Finanzierungs-Konzepten arbeitet, Förderungen einwirbt etc. Wer mit will, kann mit. Allerdings nicht ohne Einsatz. Es arbeiten ja auch viele andere Personen im aktiven Vereinsleben mit hohem ehrenamtlichen Einsatz.

     

    Einen Vorwurf an die Stadt mit ihrem ganzen Zwischennutzungs-Dreck im Kontext der Gentrifizierung hätte ich ja noch verstehen können, aber ein selbstverwaltetes Genossenschaftliches Projekt so zu denunzieren? Ich bitte meine Mutter die taz nicht mehr zu lesen, bin mir aber nicht mal sicher, ob sie das noch tut :-)

  • "Und das, obwohl der gemeinnützige Verein mit dem ausschließlichen Ziel der Förderung bildender Kunst angetreten sei." - AHA...

    sehr gut recherchiert. In der Sazung vom Frappant e.V. steht folgendes als Vereinszweck:

     

    § 2 Vereinszweck

    (1) Zweck des Vereins ist die Förderung von Kunst und Kultur.

    (2) Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch die Durchführung von Ausstellungen von Kunstwerken und Vorträgen darü-

    ber, die zur Auseinandersetzung mit den vielgestaltigen Formen der Kunst und des kulturellen Lebens anregen sollen.

     

    Also unter gutem Journalismus stelle ich mir was anderes vor, aber ich hab gehört bei der Gala wird grad was frei...

    • @Tazen Peter:

      Die Überführung vom Frappant in genossenschaftliches Eigentum erfordert, von aussen gesehen, ein aussergewöhnliches , vielseitiges ,ehrenamtliches Engagement der Beteiligten. Die Autorin dringt in dem Sie sich ihren Skandal zusammenbraut nicht zu dem Kern dieser Anstrengung hervor .Diese Konstruktion und Art der Recherche deutet eher auf das Verfolgen eigener Ziele. Ich frage mich ob sich Die Taz als genossenschaftliches Projekt hierfür nicht zu schade sein sollte.

      • @DIYorDIE:

        es hört sich eher so an, als verfolgen Sie eigene Ziele. denn ich sehe nun wirklich nicht, wo hier was zusammengebraut werden soll. da kommen halt leute zu wort und sagen, wie es sich aus ihrer sicht verhält. oder?

         

        ... und das ganze echo bzw. die aufregung der letzten tage deutet ja irgendwie darauf hin, dass da jemand voll ins schwarze trifft.

         

        interessant.

  • Naja.

    Als taz-Leser UND Mitglied (nicht Vorstand) des Frappant e.V. wünschte ich mir ein bisschen bessere Recherche: z.B. was zum Rauswurf der beiden Mitglieder geführt hat. Dass die nach 3 Jahren (!) Sachbeschädigung und tätlicher Gewalt gegenüber anderen Mitgliedern, ganz zu schweigen von ihrem "Gewerbe", jetzt rausgeflogen sind, war allerhöchste Zeit.

    Und Olaf Scheller zu zitieren, dem der Verein vor allem eine gewaltige Summe Mietschulden zu verdanken hat, die er nicht zu bezahlen bereit ist, ist auch ein starkes Stück.

    Übrigens war es eine der beliebteren Drohungen des letzteren, mit seinen "Informationen" an "die Presse" zu gehen – was nun anscheinend ja in Kooperation mit der taz gut geklappt hat.

    Was daran verwerflich sein soll, Mitglieder auszuschließen, die den restlichen Vereinsmitgliedern im Haus trotz aller Gesprächsversuche immer weiter aktiv schaden, verstehe ich nicht.

    • @naja3000:

      und solche diffamierungen von einzelpersonen sind jawohl ein ganz mieser stil. bestätigt sich hier etwa das gerücht, dass sowas zur hauspolitik dieses ladens dazugehört?

       

      "Was daran verwerflich sein soll, Mitglieder auszuschließen, die den restlichen Vereinsmitgliedern im Haus trotz aller Gesprächsversuche immer weiter aktiv schaden, verstehe ich nicht."

      -- gilt das auch in die umgekehrte richtung? denn müssten sie sich ja hiermit selbst ausschließen, nicht wahr?