Lehrermangel auf Schalke

Ralf Rangnick verlässt das Ruhrgebiet vorzeitig

Schon das Debüt von Ralf Rangnick als Trainer des FC Schalke 04 verlief holprig: Mit einem wackelig dahin gezitterten „Glück Auf“ begrüßte er am 3. Oktober des vergangenen Jahres, vor dem Spiel gegen den Reviernachbarn VfL Bochum, die Besucher der Arena AufSchalke. Der als intellektuell verschriene Fußball-Lehrer gab sich bemüht volksnah. Die Zuschauer reagierten zurückhaltend. Doch die fulminant herausgespielte 3:0-Halbzeitführung überzeugte die Skeptiker. Am Ende reichte es gerade noch zu einem schmeichelhaften 3:2-Erfolg. Wahrscheinlich lag hier schon das im Verborgenen, was sich in den folgenden gut 14 Monaten manifestierte: Selbst im Erfolg wirkte das Gebilde Rangnick-S04 permanent brüchig. Und die randlose Brille Rangnicks in Form der Moebiusschleife stand schon damals im Kontrast zur Halbwertzeit. Gestern beurlaubte Schalke 04 den missverstandenen Trainer vorzeitig.

Der letztjährige Vizemeister zog damit die allenfalls im Zeitpunkt – einen Spieltag vor der Winterpause – überraschende Konsequenz aus Rangnicks Verhalten vor dem 1:0-Erfolg am vergangenen Samstag gegen Mainz 05. Der Trainer hatte sich beim Publikum mit einer Ehrenrunde für die „Unterstützung im Jahr 2005“ bedankt. Einen Tag zuvor hatte er seinen Rücktritt zum Saisonende erklärt. Rangnick konnte es nicht ertragen, dass Interna aus einer Sitzung der „Schalker Viererbande“ um Manager Rudi Assauer, Sportdirektor Andreas Müller, Aufsichtsratschef Clemens Tönnies und Finanzchef Josef Schnusenberg über BILD in die Öffentlichkeit transportiert wurden: Die Verlängerung seines Vertrages über den Sommer 2006 hinaus schien danach zweifelhaft.

Rangnick übernahm Schalke 04 auf dem 15. Tabellenplatz, am Ende der vergangenen Saison stand die Vizemeisterschaft. Die aktuell verpflichteten Nationalspieler Kevin Kuranyi und Fabian Ernst sollten das Wort „Vize“ überflüssig machen. Doch die Mannschaft stagniert auf Rang vier – der Abstand nach oben beträgt vier und sechs bis zehn Punkte. In der vergangenen Woche schieden die Schalker knapp, aber nicht unverdient in der Champions-League aus. Das ehrgeizige Projekt, mittelfristig dem deutschen Rekordmeister Bayern München auf Augenhöhe begegnen, muss weiter verschoben werden. Und vielleicht wäre Rangnick auch nicht der Richtige dafür gewesen: Den SSV Ulm und Hannover 96 führte er in die Bundesliga, mit dem VfB Stuttgart nistete er sich im Bundesliga-Mittelfeld ein. Bei den beiden letzt genannten Stationen überwarf er sich mit der jeweiligen Vereinsführung. Die Entwicklung auf Schalke ist wenig überraschend.

Zumal wenn der Manager Rudi Assauer heißt. Der allein herrschende „Malocher aus dem Ruhrgebiet“ und der „Fußballprofessor“ fanden nie zusammen. Vielleicht lag es ja auch nur daran, dass Assauer im September 2004 eigentlich einen anderen Trainer verpflichten wollte. Damals stellte der Manager seine überraschende Neuverpflichtung als „Rolf“ Rangnick vor. Der Fehler ist jetzt korrigiert. HOLGER PAULER