NRW-Linke wollen keine Polit-Zwitter sein

Wenig Euphorie bei NRW-Spitzen von Linkspartei und WASG nach dem Dresdner Bundesparteitag der Ex-PDS. Linke Doppelmitgliedschaften sind an Rhein und Ruhr erstmal kein Thema. Dafür sollen DKP-Mitglieder mitmachen dürfen

BOCHUM taz ■ Gregor Gysi und Oskar Lafontaine dienen nicht als Vorbild: Anders als die beiden Vorsitzenden der linken Bundestagsfraktion wollen die NRW-Chefs von Linkspartei und der WASG nicht der jeweils anderen Partei beitreten. „Ich werde das nicht tun und auch unsere Mitglieder nicht dazu animieren, der Linkspartei beizutreten“, sagte der nordrhein-westfälische WASG-Vorsitzende Wolfgang Zimmermann gestern der taz. PDS-Chef Paul Schäfer sagte, er habe sich über einen möglichen Eintritt in die WASG „noch keine Gedanken gemacht“.

Am Wochenende hat die ehemalige PDS auf ihrem Parteitag in Dresden mit knapper Mehrheit den Weg für Doppelmitgliedschaften in Linkspartei und WASG frei gemacht. Dies ist zum einen notwendig, damit Kandidaten der einen Partei bei den kommenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen-Anhalt auf den Listen der anderen antreten können. Zum anderen solle „ein Symbol“ für die anstehende Fusion der beiden Parteien gesetzt werden, begründeten die Frontmänner Gysi und Lafontaine ihre Entscheidung für ein doppeltes Parteibuch.

Vor allem in der nordrhein-westfälischen WASG freut man sich wenig über die rasche Verschmelzung. „Nicht sonderlich erbaut“ sei er, sagt Landeschef Zimmermann. Da in NRW kein Wahlkampf anstehe, bestehe „absolut keine Notwendigkeit“ zum Eintritt in beide Parteien.

Die Doppelmitgliedschaft weckt bei vielen WASGlern alte Ängste: Bundesweit ist man die deutliche kleinere Partei, und gerade fusionskritische Landesverbände wie Berlin müssen fürchten, von Linkspartei-Kadern gekapert zu werden. Außerdem sorgen sich die Westlinken um Grundsätzliches: Während die Linkspartei zu ihren Regierungsbeteiligungen auf Länderebene steht, definiert sich die WASG noch immer über ihre strikte Ablehnung von Koalitionen mit der SPD oder den Grünen.

Linkspartei-Landeschef Schäfer glaubt jedoch nicht, dass sich das Kräfteverhältnis zwischen den Partnern durch Doppelmitgliedschaften verschiebt. „Wir haben einen Ehrenkodex verabschiedet, nach dem keiner den anderen dominieren soll“, sagt er. Allerdings hatte Schäfer sich – wie seine WASG-Kollegen auch – dafür ausgesprochen, Doppelmitgliedschaften auch mit anderen Parteien zuzulassen. „Gerade auf kommunaler Ebene haben wir gute Erfahrungen mit DKP-Mitgliedern gemacht. Es wäre gut, die Partei auch für solche Leute zu öffnen.“

Die Delegierten der Linkspartei erteilten diesem Vorstoß am Wochenende eine Absage – de facto findet die Zusammenarbeit allerdings bereits statt. Vor allem im Ruhrgebiet sind DKP-nahe Kandidaten bei den vergangenen Wahlen immer wieder auf Listen der damaligen PDS angetreten. Auch die neue Initiative „Revierlinke“ steht DKPlern ausdrücklich offen. „Wir wollen ein wirkliches Bündnis aller Linken“, sagt Organisator Wim Ehlers aus Essen, gleichzeitig Mitglied in Linkspartei und WASG.

Die Zusammenarbeit der NRW-Linken soll also auch ohne schnelle Verschmelzung weiter ausgebaut werden: WASG-Chef Zimmermann schlägt eine neue Koordinierungsstelle vor, der neben Linksparteilern und WASGlern auch Vertreter anderer linker Gruppen angehören sollen. Eine „Vorreiterrolle“ im Fusionsprozess soll nach Meinung des Duisburger Parlamentariers Hüseyin Aydin auch die linke Bundestagsfraktion einnehmen. Politischer Zwitter werden will der WASGler deshalb aber ebenfalls nicht: „Man kann auch gut zusammenarbeiten, ohne gleich in die Linkspartei einzutreten.“ KLAUS JANSEN