KOMMENTAR VON ULRIKE HERRMANN ZUR ZYPERN-RETTUNG
: Die Währungsunion ist Geschichte

Der Fall Zypern sorgt dafür, dass Milliarden von Euro auf Wanderschaft gehen

Eine Minisumme macht Weltgeschichte: Für 5,8 Milliarden Euro riskieren die Europäer, dass die Eurozone auseinanderbricht. Denn es bedeutet eine neue Vertrauenskrise, dass die Bankkunden Zyperns an den Rettungskosten für das Land beteiligt werden.

Diese Sorge können die meisten Deutschen nicht nachvollziehen. Von den Linken bis zur CSU waren alle Parteien dafür, dass den Zyprern mal gezeigt wird, was eine Harke ist. Schmerzhaft sollen sie erfahren, dass es sich nicht lohnt, ein Steuerparadies für russische Oligarchen zu betreiben. Großzügig wird dabei übersehen, dass die Zyprer dieses Geschäftsmodell schon hatten, als sie 2008 in den Euro aufgenommen wurden. Die Deutschen genießen das schönste Gefühl, das sich denken lässt: Selbstgerechtigkeit.

Diese Freude wird aber nicht lange währen. Denn der Fall Zypern wird erneut dafür sorgen, dass Milliarden von Euro auf Wanderschaft gehen. Bei jeder kleinen Störung werden die Anleger in Portugal, Italien oder Spanien sicherstellen, dass sie ihr Geld rechtzeitig nach Deutschland oder in die Niederlande überweisen. Sie alle werden danach streben, aus ihrem spanischen oder italienischen Euro einen deutschen oder niederländischen Euro zu machen. Die Währungsunion existiert zwar noch und ist dennoch schon Geschichte: Offiziell haben wir zwar einen Euro, aber faktisch sind es längst 17 verschiedene Euros.

Diese Kapitalströme sind nicht harmlos, sondern treiben die Zinsen in den Südländern nach oben. Beispiel Italien: Dortige Unternehmer müssen deutlich mehr für einen Kredit zahlen als ihre deutschen Konkurrenten – einfach nur, weil sie in Italien sitzen. Dies ist das Ende eines fairen Wettbewerbs, zerstört den Binnenmarkt und wird die Italiener langfristig zwingen, den Euro zu verlassen.

Was aber wäre die Alternative gewesen? Diese Frage ist berechtigt. Hätte man die 5,8 Milliarden Euro als weiteres Darlehen gewährt, wäre die Staatsverschuldung Zyperns nicht mehr tragfähig gewesen. Aus der Sicht der Europäer schien sich also ein echtes Dilemma aufzutun: Wenn es keinen Schuldenschnitt bei den Bankeinlagen gibt, dann folgt der „Haircut“ eben bei den Staatsanleihen.

Doch dieses Dilemma existiert nur, weil die Europäer hartnäckig an einem Tabu festhalten. Für sie ist undenkbar, dass die Europäische Zentralbank einspringt und den Krisenländern einen Teil ihrer Staatsschulden abnimmt. Dabei wären die Kosten bei null, weil die Europäische Zentralbank das nötige Geld einfach drucken könnte.

Spätestens beim Wort „Geld drucken“ schrecken die Deutschen jedoch auf – und wittern sofort eine Inflation. Sie merken gar nicht, welches mieses Geschäft es ist, dass sie sich ständig von ihren Ängsten und ihrer Selbstzufriedenheit leiten lassen. Denn sicher ist: Ein Eurocrash wäre die teuerste aller schlechten Lösungen.