unterm strich
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Einen interessanten Hintergrundbericht schickte dpa gestern in die Kulturredaktionen. Hier ist er in großen Auszügen: „Zwei Mal hatte Susan Sontag den Krebs besiegt. Der erste, ein Brusttumor, war weit fortgeschritten und hatte mehr als ein Dutzend Lymphknoten befallen. Damals war die amerikanische Schriftstellerin gerade 42. Als im Alter von 71 Jahren ein drittes Mal Krebs bei ihr festgestellt wurde, war sie nach einer Schilderung ihres Sohnes fest davon überzeugt, auch ihn schlagen zu können. ‚Sie tat, was sie immer getan hatte‘, erinnert sich David Rieff (53): ,Sie kämpfte.‘ Knapp ein Jahr nach Sontags Tod beschrieb Rieff jetzt im New York Times Magazine das erbitterte Ringen der Mutter um ihr Leben.

Der Deutsche Buchhandel verlieh ihr im Oktober 2003 in der Frankfurter Paulskirche seinen renommierten Friedenspreis. Ein halbes Jahr später überreichten die Ärzte ihr mit der Diagnose eines Myelodysplastic Syndrom (MDS) praktisch das Todesurteil. Dieser Blutkrebs gibt seinen Opfern eine Überlebenschance von höchstens 20 Prozent. Doch Sontag ließ sich nicht einschüchtern. Nach dem anfänglichen Schock war sie mit Informationen aus dem Internet gewappnet und fest im Glauben, auch diese Herausforderung aus eigener Kraft meistern zu können. Sie kehrte an ihren Schreibtisch hoch über dem New Yorker Hudson River zurück, schrieb ein leidenschaftliches Essay über die Fotos von gefolterten Gefangenen in Abu Ghraib und brachte Ideen für ihren nächsten Roman zu Papier.

Gleichzeitig rüstete sich Sontag für ein Knochenmarktransplantat, ihre einzige Chance zu überleben. Die Kosten von gut einer viertel Million Euro brachte sie selbst auf. Ihre Krankenkassen weigerten sich einzuspringen – wegen der geringen Erfolgschancen. Dann kam jener schreckliche Morgen, als Sontag die Nachricht vom Fehlschlag des Transplantats überbracht bekam. Die Leukämie war zurück.

Selbst danach verlangte sie nach jedem Mittel, das auch nur einen Funken Hoffnung verhieß. ‚Ich bin nicht an Lebensqualität interessiert‘, hielt sie ihren Ärzten entgegen. ‚Meine Mutter war entschlossen zu leben, ganz gleich wie schrecklich sie dafür leiden musste‘, erinnert sich Rieff in dem bewegenden Rückblick. Doch die Rettung blieb aus. Am 28. Dezember 2004 schlief Sontag in einem New Yorker Krankenhaus ein. Der Sohn und ein vertrauter Arzt waren an ihrer Seite. ‚Die Vorstellung von einem sanften, einfachen Tod (…) ist Teil einer Mythologie über Krankheiten, die nicht erbärmlich, demütigend oder schmerzlich sind‘, hatte Sontag 15 Jahre zuvor in ‚Aids and Its Metaphors‘ geschrieben.“