TELEKOM UND AEG BAUEN STELLEN AB – DAS IST ZWAR BITTER, ABER RICHTIG
: Sozialpolitik ist Sache des Staates

Darf das eine Firma? Die Telekom will 32.000 Stellen streichen – dabei hat sie allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres einen bereinigten Gewinn von 3,4 Milliarden Euro eingefahren. Offensichtlich kann sie sich ihre 170.000 Mitarbeiter in Deutschland leisten. Dennoch soll knapp ein Fünftel gehen. Die Telekom investiert nicht ins Personal, sondern lieber in den Abschied. Der Stellenabbau wird rund 3 Milliarden Euro kosten – also fast den ganzen diesjährigen Gewinn verschlingen. Dennoch sind die Börsianer erfreut über die Personalpolitik. Langfristig ist es sehr rentabel, die Stellen zu reduzieren.

So sieht es auch die schwedische Firma Electrolux. Sie gab gestern bekannt, dass sie ihr AEG-Werk in Nürnberg schließen will. Etwa 2.000 Angestellte verlieren ihren Job, weil Electrolux ins billigere Polen umziehen will. Darf das eine Firma?

Sie darf. Man kann Unternehmen nicht vorwerfen, dass sie ihre Gewinne maximieren und wettbewerbsfähig bleiben wollen. Beispiel Telekom: Sie hat ihr Monopol verloren. Jeden Tag gewinnen ihre Konkurrenten Marktanteile hinzu und sie sind nicht gezwungen, ehemalige Staatsbedienstete weiter zu beschäftigen. Diese Regeln müssen auch für die Telekom gelten. Beispiel AEG: Für die Nürnberger Beschäftigten ist es sehr, sehr bitter, dass die Firma nach Polen umzieht. Dennoch kann Electrolux nicht ignorieren, dass deutsche Kunden nicht nur deutsche Ware kaufen. Sie entscheiden sich knallhart für die billigste Waschmaschine.

Auch in einer „sozialen Marktwirtschaft“ kann man den Unternehmen nicht moralisch kommen. Denn soziale Marktwirtschaft meinte nie, dass der Wettbewerb abgeschafft wird. Das Adjektiv „sozial“ forderte nicht ein, dass es keine maximalen Gewinne geben darf – sondern dass sie hinterher teilweise umverteilt werden. Durch Steuern zum Beispiel.

Rot-Grün hat die Unternehmensteuern gesenkt; demnächst soll die Körperschaftsteuer nochmals von 25 auf 19 Prozent fallen. Das ist nun wirklich nicht nötig. Darauf sollte sich der Ärger aller Arbeitnehmer richten – und nicht auf die Firmenbosse, die nur ihrem Job nachgehen.

ULRIKE HERRMANN