DAS EWIGE DASEIN
: Beschickung

Kälte, Krähen, Leere: beliebte Metaphern fürs Ende des Lebens

Das wird lustig, sagt meine Freundin. Sie muss es wissen, sie ist Filmemacherin. Wir wollen in die Volksbühne, zur Premiere des neuen Dokumentarfilms von Thomas Heise. Der handelt von einem Krematorium.

Draußen ist es schweinekalt, im Theater wohlig warm. Es gibt Wein, Gin Tonic und Brezeln. Auf der Leinwand breitet sich eine Schneelandschaft aus. Kälte, Krähen und Leere sind ja eine beliebte Metapher für das Ende des Lebens. Kremierer werden die Menschen genannt, die Tote in den Ofen schieben. Immer mehr Leute wollen verbrannt werden. Und weil die immer fetter werden, werden die Särge immer schwerer. Es dauert auch immer länger, bis aus Fleisch Asche geworden ist. Das Krematorium Dachsenhausen bei Koblenz ist rund um die Uhr in Betrieb, 365 Tage im Jahr. Leichenstau kommt trotzdem vor.

Damit nichts in den Kessel wandert, was nicht in den Kessel gehört, hebt der Kremierer kurz vor dem Schubs ins ewige Dasein noch einmal den Sargdeckel und so manchen leichenbefleckten Arm an. Manchmal auch einen weißen Schlüpfer. Aber Kremierer haben es auch schön, zumindest die beiden in Heises Film. Im Pausenraum trinken sie Kaffee aus Glühweintassen, dazu essen sie Kekse aus großen Schachteln. Ab und zu sagen sie was. „Weiter“, zum Beispiel. Und: „Nächster.“ Auf dem Computer, der alles überwacht, leuchtet ein Signal: „Beschickung.“

Das ist wirklich lustig, denke ich. Und trinke einen Schluck Gin Tonic. Im Internet steht, der Film sei „eine kommentarlose Beobachtung effizienter Arbeit, die Aufschluss gibt über den erreichten Grad und die Folgen der Anpassung des Menschen an die Erfordernisse der derzeit herrschenden Ökonomie“. Heise sagt: „Der Film soll zeigen, wie dit so jeht. Mehr nich.“ Heise ist Berliner und hat bei Heiner Carow gelernt. Dessen erster Film zeigt, wie ein Schweinestall gebaut wird. SIMONE SCHMOLLACK