An diesen Punkten könnte die Konferenz in Hongkong scheitern:
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Marktzugang für Agrargüter

Die Agrarexporteure unter den Entwicklungsländern wie Brasilien und Argentinien fordern EU und die USA zur Öffnung ihrer Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse auf. Darüber hinaus möchten sie auch mehr in Entwicklungsländer ausführen können. Wirtschaftlich schwächere Entwicklungsländer wollen dagegen ihre Bauern auch weiterhin durch Zollschranken schützen können, weil diese gegen die industrielle Landwirtschaft etwa Brasiliens nicht konkurrenzfähig wären. Die bisherige Offerte der EU, ihre Agrarzölle um durchschnittlich 47 Prozent zu reduzieren, erschien weder den USA noch den großen Entwicklungsländern ausreichend. Andererseits aber soll es auch spezielle Schutzklauseln für die armen Länder geben. So soll Costa Rica seine Maisbauern weiter mit hohen Zollmauern schützen können.

Weniger Geld für Bauern

Die WTO teilt die rund 350 Milliarden Dollar jährlicher Agrarsubventionen, die insbesondere die EU und die USA zahlen, in verschiedene Kategorien ein. Während Einkommensbeihilfen erlaubt sind, sollen direkt an die Produktionsmenge gekoppelte Subventionen abgebaut werden. Letztere sind nämlich in erster Linie für die Überschussproduktion und damit für fallende Preise verantwortlich. Die EU hat zwar angeboten, diese Zahlungen um 70 Prozent zu reduzieren – das heißt aber zumeist nur, dass sie auf erlaubte Subventionsformen umgeschichtet werden. Dies hat die EU aber größtenteils schon durch ihre Agrarreform im Jahr 2003 erfüllt, durch die die EU-Osterweiterung finanzierbar gemacht wurde. So würde sich durch das neue Angebot wenig ändern. Die Entwicklungsländer lehnten es daher als unzureichend ab.

Ende der Exportsubventionen

Besonders schmerzhaft für die Entwicklungsländer ist, wenn die EU und die USA ihre Überschüsse anschließend mit Hilfe weiterer Subventionen zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt drücken. Die Bauern aus dem Süden können gegen diese Preise allzu oft nicht konkurrieren – die Nomaden in der Mongolei nicht gegen das EU-Rindfleisch, die mittelamerikanischen Kleinbauern nicht gegen den US-Mais. Die Entwicklungsländer werden zu Agrarimporteuren, während ihre Bauern aufgeben müssen. Zwar haben sowohl EU als auch USA ein Ende der Exportsubventionen signalisiert, doch über ein konkretes Datum besteht ebenso wenig Einigkeit wie über die Frage, ob die in den USA besonders beliebten Exportkredite einbezogen werden. Die USA und die EU schieben sich einstweilen gegenseitig die Verantwortung zu.

Zollsenkung für Industriegüter

Hinter dem eher nebensächlich klingenden Marktzugang für Nicht-Agrargüter“ (NAMA) verbirgt sich das zentrale Thema bisheriger Handelsrunden: Abbau der Zölle auf Industriegüter. Die Industrieländer haben dies in den letzten Jahrzehnten schon weitgehend getan, doch die Entwicklungsländer schützen ihre Wirtschaft noch mit Zöllen von durchschnittlich 30 Prozent. Wenn jetzt gefordert wird, die höchsten Zölle am stärksten zu senken, sind es vor allem die Entwicklungsländer, die drastische Schnitte vornehmen müssen. Ob ihre jungen Industrien die plötzliche Konkurrenz überleben, ist zumindest fraglich. Ebenso fraglich ist, ob in Zukunft noch der Schutz nachhaltiger Bewirtschaftungsmethoden in Forstwirtschaft und Fischerei möglich sein wird, die ebenfalls unter die Nicht-Agrargüter fallen.

Offene Grenzen für Dienstleister

Das WTO-Dienstleistungsabkommen (Gats) ist für die Industrieländer bislang eher unbefriedigend, weil es auf einzelnen Anfragen basiert. So könnte die EU von einem Land unbeschränkten Zugang für ihre Investoren zum Wassermarkt fordern. Da aber eine einmal zugesagte Marktöffnung kaum noch rückgängig zu machen ist, sind die Entwicklungsländer hier sehr zurückhaltend. Daher plant die WTO, die mühsamen bilateralen Verhandlungen durch ein multilaterales System zu ersetzen. Alle Länder, die offene Wassermärkte fordern, könnten demnach die Länder an einen Tisch bitten, an die sie diese Forderung stellen. Gegen die Marktöffnung für Dienstleistungen von Konzernen fordern die Entwicklungsländer einen besseren Zugang zu den Arbeitsmärkten in den Industrieländern für Migranten.

NICOLA LIEBERT