Krankenhaus muss bluten

Das anthroposophische Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke will bis zu 200 Mitarbeiter entlassen. Grund sind steigende Umsatzverluste. Betriebsrat: „Kündigungen sind die falsche Strategie“

VON GESA SCHÖLGENS

Beim Herdecker Gemeinschaftskrankenhaus soll es einen umfangreichen Stellenabbau geben. Bis zu 200 MitarbeiterInnen werden entlassen, ausgegliedert oder bekommen neue Verträge mit reduzierter Stundenzahl. Die Betroffenen sollen noch in diesem Jahr ihre Kündigung erhalten. Die Geschäftsführung will so unter anderem Personalkosten bis zu drei Millionen Euro jährlich einsparen. Zudem stehen ein bis zwei der 13 medizinischen Fachabteilungen auf dem Prüfstand, so der kaufmännische Vorstand des Hauses, Markus Bazan.

„Pflegepersonal wollen wir möglichst wenig entlassen“, so Bazan. Über das betroffene Personal und den Sozialplan werde heute mit dem Betriebsrat verhandelt. Laut Vorstand orientiert sich die endgültige Zahl der Kündigungen am Verhandlungsergebnis. Für den Betriebsrat steht fest: „Das Vorhaben geht zu Lasten der übrigen Mitarbeiter“, sagt Betriebsratsvorsitzende Pia Wolf. Die hohe Zahl der Kündigungen mache bei insgesamt 1.200 MitarbeiterInnen „eine Menge aus“. „Die Strategie der Geschäftsführung ist falsch: Statt das Geld in den Sozialplan zu stecken, sollte man es lieber in das Krankenhaushaus investieren und die Auslastung der Betten verbessern“, so Wolf. Zudem wünscht sich der Betriebsrat mehr Mitspracherecht. „Bei den strukuturellen Änderungen werden wir gar nicht hinzugezogen“. Das findet der Vorstand merkwürdig: „Den Sozialplan hat der Betriebsrat doch selbst ausgehandelt“, so Bazan.

Im Zuge der Gesundheitsreform erwartet das 470-Betten-Haus in den nächsten Jahren einen Umsatzrückgang von 17 Prozent. Grund sind die ab 2009 landesweit geltenden Fallpauschalen, die generell mit 2.400 Euro abgerechnet werden. „Damit das Krankenhaus überleben kann, müssen bereits jetzt Stellen abgebaut werden“, so Bazan. Im vergangenen Jahr hieß es, die Klinik würde bei einem Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro jährlich einen Verlust von einer Million Euro einfahren.

Über die Erhaltung der Stellen wollten die Arbeitgeber von vorneherein nicht verhandeln. „Wir können nur versuchen, angemessene Entschädigungen herauszuholen“, so Betriebsratsmitglied Bettina Buhl. Die Reinigungskräfte wurden bereits ingesourcet. Für das therapeutische Personal soll eine neue Gesellschaft gegründet werden. Wann, steht laut Betriebsrat noch nicht fest.

Derzeit beträgt die Arbeitslosenquote im Bezirk Hagen/Ennepe-Ruhr laut Arbeitsagentur Hagen 11,6 Prozent. „Viele Mitarbeiter pendeln nach Herdecke“, so Agentur-Sprecher Ulrich Brauer. Im Bezirk könnte die Arbeitslosenquote durch die Entlassungen auf 11,7 Prozent (30.702 Arbeitslose) steigen. „Das Krankenhaus ist ein wichtiger Arbeitgeber“, so Brauer.