NABU kritisiert Senatspolitik

Umweltbilanz 2005: Nächste Elbvertiefung frühestens 2014, Leitbild „Wachsende Stadt“ frisst Flächen. Übertragung von Naturschutzgebieten an Bezirke unverständlich

Der Naturschutzbund NABU hat die Umweltpolitik des Senats im Jahre 2005 als „unbefriedigend“ bezeichnet. Eine weitere Elbvertiefung, wie sie vom Senat betrieben wird, sei „ökologisch nicht vertretbar“, sagte der NABU-Vorsitzende Rolf Bonkwald. Um die Stadt wachsen zu lassen, verschleudere der Senat knappe Freiflächen, während er eigentlich ein Gesamtkonzept für seine Siedlungspolitik vorlegen müsste, das den Arten- und Landschaftsschutz ermöglicht. Dass er den Rest des Mühlenberger Lochs als Naturschutzgebiete ausgewiesen habe und das Gebiet Schnaakenmoor vergrößern wolle, sei lobenswert.

Bonkwald beruft sich auf eine jüngst in der taz veröffentlichte Studie, der zufolge die Elbvertiefung möglicherweise schwerwiegendere Folgen hat als bisher prognostiziert. Zudem sei dieser Eingriff ins Ökosystem des Flusses bisher nicht richtig ausgeglichen worden. „Zwar sind 70 Prozent der Ersatzmaßnahmen abgearbeitet“, sagte Bonkwald. „Die meisten der Ausgleichsflächen liegen aber fernab der Elbe und bieten keinen Ersatzlebensraum für typische Tiere und Pflanzen eines Flusslaufes.“

Im Zuge der Fahrrinnenvertiefung von 1999 wurde vereinbart, deren Folgen 15 Jahre lang zu untersuchen. Erst wenn das Ergebnis dieses Monitorings vorliege, könne die Entscheidung für eine weitere Elbvertiefung fallen, findet Bonkwald. Frühestens also 2014. Statt weitere Elbvertiefungen zu planen, sollten die norddeutschen Küstenländer in der Hafenwirtschaft besser kooperieren.

Das Leitbild „Wachsende Stadt“ sieht der NABU kritisch, weil der Senat in den Jahren 2001 bis 2005 eine Fläche in der Größe von 1.640 Fußballfeldern habe bebauen lassen. Die Siedlungsfläche habe damit von 57 auf 59 Prozent zugenommen. Rund ein Drittel der Wohnungen aus dem Wachstumsprogramm würden auf Grün- und Freiflächen, zum Teil sogar in der Nähe von Naturschutzgebieten errichtet. Diesem unkontrollierten Wachstum müsse der Senat mit einem Gesamtkonzept begegnen. Besonders notwendig sei ein solches Konzept für den Süderelberaum – anderenfalls wäre vom Alten Land bald nichts mehr übrig.

Für den Senatsplan, im Zuge seiner geschrumpften Bezirksreform die Bezirke wenigstens mit der Verantwortung für eine Reihe weiterer Naturschutzgebiete zu betrauen, hat der NABU kein Verständnis. Der Umweltverband BUND hatte dazu unlängst bemerkt, dass insgesamt 1,13 Personalstellen auf die sieben Bezirke verteilt werden sollen. „Wie soll denn so“, fragt sich Bonkwald, „die Betreuung der Naturschutzgebiete gewährleistet werden?“ GERNOT KNÖDLER