piwik no script img

Park auf FlakbunkerZweifelhafte Subvention

Die Stadt will den Pachtvertrag des Investors verlängern, der den Feldstraßenbunker aufstocken will. Die Kulturbehörde will ihm dafür Millionen erlassen.

Subventionierte Begrünung: Die Architekten zeigen ihr Modell auf dem Bunker. Bild: dpa

Bis jetzt steht nur eine einzige Palme in 40 Metern Höhe auf dem Dach des historischen Nazi-Bunkers an der Feldstraße. Schon bald könnte sie inmitten eines riesigen Grünareals stehen – eine gigantische Parkanlage ist auf dem Bunkerdach geplant. Noch sind viele Details des Großbauprojekts offen, aber die Kulturbehörde will jetzt Nägel mit Köpfen machen und schlägt dem Senat vor, eine Subvention des privaten Bauprojekts zu beschließen.

2,56 Millionen Euro will sie dem Investor Thomas J.C. Matzen erlassen, die er eigentlich für die Verlängerung seines Bunker-Pachtvertrags zahlen müsste. Das geht aus dem Entwurf einer Drucksache des Senats hervor, die gegen den Willen der Behörden an die Öffentlichkeit gelangt ist.

Matzen pachtet den Bunker seit 1993 per Erbbaurechtsvertrag und vermietet die Räume an verschiedene Firmen aus der Musik- und Medienbranche. Für den Pachtvertrag zahlte er damals sechs Millionen DM an die Stadt. Im Jahr 2053 würde der Vertrag nach 60 Jahren auslaufen – auf der Grundlage des geplanten Dachbauprojekts soll die Stadt die Pacht nun auf 99 Jahre verlängern.

Auf die dafür fällige Gebühr von 2,56 Millionen Euro solle die Finanzbehörde verzichten, schreibt die Kulturbehörde in dem Vorschlag, „da im Gegenzug Parkflächen errichtet und als öffentlich zugängliche Grünflächen in den Nutzen der Allgemeinheit gestellt werden“.

Es handele sich bei dem Erlass des Geldes ausdrücklich nicht um eine Subvention, erklärt der Sprecher der Kulturbehörde, Enno Isermann. Die 2,56 Millionen Euro seien „in keiner Weise Geld, auf das der Staat verzichtet“, sagte er. „Die öffentliche Hand bekommt dafür ja einen erheblichen Gegenwert.“

Der Bund der Steuerzahler kritisierte den Vorschlag und warnte davor, ein primär kommerzielles Bauprojekt mit öffentlichem Geld zu fördern. Man befürchte einen Nachahmungseffekt – es könnten bald viele Bauherren öffentliche Grünflächen auf ihren Dächern errichten, um öffentliche Förderungen für ihre Projekte zu bekommen, sagte der Vorsitzende Lorenz Palte dem Abendblatt.

Bei der Finanzbehörde hält man diese Befürchtung für „Quatsch“. Im Übrigen sei noch nichts entschieden, sagt Sprecher Daniel Stricker. Prinzipiell halte man den geplanten Dachgarten für ein gutes Projekt, „das schließlich auch alle wollen“.

Von allgemeiner Zustimmung kann allerdings keine Rede sein. Urban-Gardening-Initiativen aus dem Stadtteil hatten das Projekt als „neoliberale Privatinvestorenlösung“ kritisiert und warnten vor einer „grünen Aufwertungsspirale“. Harald Lemke vom Gartenprojekt „Keimzelle“ nennt die Dachbegrünung eine „reine PR-Geschichte“. Es gehe eigentlich um eine kommerzielle Nutzung der Innenräume.

Geplant sind laut dem Konzept des Investors vier Stockwerke, in denen ein Kultursaal mit 1.000 Plätzen, ein Amphitheater, ein Musikclub, ein Künstler-Gästehaus mit 100 Zimmern, eine Studiofläche und Gastronomiebetriebe Platz finden sollen. Auch in der Bezirkspolitik ist man noch skeptisch. Es seien noch zu viele Details unklar, sagte die Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Mitte, Henriette von Enckevort. Zudem halte sie eine Bürgerbeteiligung für wichtig und warnte deshalb davor, übereilt Tatsachen zu schaffen.

An dem Punkt der AnwohnerInnenbeteiligung scheiden sich die Meinungen zum Bunkerprojekt. Während in den Senatsunterlagen von der Schaffung eines „grünen Erholungsraums unter Einbeziehung von AnwohnerInnen aus dem Stadtteil“ die Rede ist, findet man es bei der Keimzelle frech, das Bauvorhaben als „Beteiligungsprojekt“ zu verkaufen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!