LESERINNENKOMMENTARE
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Berlin ist eine Mülltonne

■ betr.: „Berlin Apart. Schnee und andere Probleme“, taz.de vom 24. 3. 13

Um die Bedeutung Berlins mit in das Gesamturteil einzubeziehen: Berlin ist nicht „welthistorisch“ (wohl ein amateurhafter Versuch, „epic“ zu übersetzen), aber eine Katastrophe. „Berlin ist die stinkende, überquellende Mülltonne an der Einfahrt eines herrlichen Schlossparks.“ Das sagte mein Zürcher Kollege über unseren gemeinsamen Verbannungsort. Ich fand das zu hart; ein „herrlicher Schlosspark“ ist der große Kanton nun auch nicht gerade.

Aber, liebe Frau Akrap, eines müsste Ihnen bereits aufgefallen sein: Überall beherrscht das Gemeinwesen die Auswirkungen der Jahreszeiten, nur nicht in Germania. Der Berliner schippt nun mal nicht Schnee, sondern wartet auf Frühling und Klimakatastrophe. Ersteres kommt jedes Jahr, bei Letzterem bin ich mir nicht mehr so sicher. BBB, taz.de

Keine Flüge über Dahlem

■ betr.: „Berliner fliegen auf Tegel“, taz.de vom 24. 3. 13

Tegel kann offen bleiben, nur dürfen keine Flüge direkt über dicht besiedeltes Gebiet führen, insbesondere über Spandau oder Pankow, aber zum Ausgleich mal Charlottenburg, Dahlem und Zehlendorf. FLUGLÄRM, taz.de

Gentrification-Faktor

■ betr.: „Berlins Wohnungsmarkt. Touristen ab ins Hotel“, taz.de vom 22. 3. 13

Ich finde diesen Gesetzesvorschlag sehr vernünftig und dringend notwendig. Mir sind Leute bekannt, die bis zu 14 Mietwohnungen als Touristenapartments weitervermieten, die Einkünfte nicht versteuern und durch diese Zweckentfremdung eindeutig zum Wohnungsnotstand in der Stadt beitragen. Vom Gentrification-Faktor will ich gar nicht erst anfangen. Da von den entsprechenden Mitwohn-Portalen keine Regelung zu erwarten ist, die ihre Provisionen schmälert, muss eben über die Politik eine Änderung erzwungen werden. SEBASTIAN, taz.de

Hat es die DDR gegeben?

■ betr.: „Abriss der East Side Gallery. Überraschung zum Frühstück“, taz.de vom 27. 3. 13

Schon seltsam: 1989 wollte man die Mauer schnell los werden, nun will man ihre kümmerlichen Reste stehen lassen. Historisch und soziologisch ein überaus spannender Prozess: Die Mauer als Mahnmal ist gerade an der East Side Gallery wichtig, wurde doch durch den Abriss des Palasts der Republik und anderer Maßnahmen vor allem in der Stadtmitte dafür gesorgt, dass ein heutiger Berlinbesucher den Eindruck bekommt, die DDR habe es nie gegeben – sofern er nicht aktiv nach ihren Spuren sucht, jedenfalls. NEUBAU, taz.de

Geschichtslos

■ betr.: „Wowereit verhandelt Mauer weg“, taz vom 27. 3. 13

Für mich ist nicht nachvollziehbar, was sowohl „Berlin“ als auch die Bundesregierung geritten hat, derart gegen jedes Geschichtsbewusstsein, gegen Dokumentationspflicht und vor allem gegen die Erinnerung an die vielen Maueropfer zu verstoßen. Damals wäre es unproblematisch gewesen, ein in jeder Beziehung geeignetes Stück Grenze – oder antifaschistischer Schutzwall – zu erhalten und der Nachwelt zu sichern. menschenfreund, taz.de

Rendite, das höchste Gut

■ betr.: „Wowereit verhandelt Mauer weg“, taz vom 27. 3. 13

Wo ist das Problem? Dass die überwiegende Mehrheit der Berliner die Mauer behalten wollte? Das Geschehene ist nur konsequent. Schon Jahre zuvor hatte die Mauer in ihrer realsozialistischen Hässlichkeit dem Kapital im Wege gestanden. Jetzt stand halt der bunte Rest des „antifaschistischen Schutzwalls“ gegen eine auskömmliche Rendite eines Investors.

Da aber Rendite das höchste Gut des Kapitalismus ist, musste zwangsläufig die Mauer weichen. So wie in Stuttgart die Bäume des Parkes.

Thomas Ebert, taz.de

Wer das Geld hat, hat die Macht

■ betr.: „Es ist kein Platz für alle da. Über 50 Projekte wollen die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg nutzen“, taz vom 28. 3. 13

Ich finde es spannend, hier von Bürger_innenbeteiligung zu sprechen.

Hier geht es höchstens um ein Stimmungsbild, alles andere entscheidet dann doch die Bezirksverordnetenversammlung: Im Protokoll der BVV vom 27. 2. 2013 heißt es: „Das Bezirksamt teilt der BVV die Voten der Bürgerversammlungen mit. Gibt es ein klares Meinungsbild, ist dieses bindend, sofern die Projekte die Grundkriterien [erfüllen], dass sie die Miete finanzieren können und aus dem Bezirk kommen. Bei uneindeutigen Priorisierungen durch die Bürgerinnen und Bürger ist die BVV aufgefordert, unter den Favoriten eine heterogene Mischung an Projekten für das Projektehaus auszuwählen.“

(http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/aktuelles/projektehaus)

Das Grundkriterium ist also die Miete!

Zum Schluss läuft es also mal wieder so wie an der East Side Galery: Wer das Geld hat, hat die Macht!

Also keine kleinen Vereine, kein Refugee Strike House, kein Frauenflügel der Geflüchteten, kein Irvin Zola Haus. Die Beteiligung wird dann als Grundlage genommen, um die, die keine Miete zahlen können, mittels des ach so demokratischen Prozesses rauszuschmeißen. theo, taz.de