Wohin mit den Kleinen?

Gestresst, erfüllt, geteilt: Es gibt viele Modelle, Kinder in einer Arbeitsgesellschaft großzuziehen. Eine Dokumentation

Modell Vollzeitmutter: Manchmal könnte Lisa heulen, wenn sie an ihrer alten Arbeitsstelle vorbeispaziert. Trotzdem hat sie „Nein“ gesagt, als ihre Chefin sie letzte Woche fragte, ob sie denn jetzt wiederkommt nach der Elternzeit. „Wir kriegen das nicht hin“, sagt sie. Wir, das sind die elf Monate alte Josefina, der zweijährige Dominik, der 36-jährige Oliver und Lisa, 29 Jahre alt, ehemals Grafikerin in einem erfolgreichen Düsseldorfer Werbebüro. Heute Vollzeitmutter. Und zur Zeit noch glückliche Vollzeitmutter, solange sie nicht darüber nachdenkt, noch weitere zehn Jahre in dieser Rolle zu stecken. Oliver hat gerade eine Biomedizin-Firma gegründet, arbeitet rund um die Uhr für eher wenig Geld. Private Kinderbetreuung ist für die Familie zu teuer, staatliche Plätze sind knapp in der Landeshauptstadt. Und auch wenn Dominik und Josefina beide im Kindergarten sind, bleibt das Betreuungsproblem ungelöst. In Lisas Beruf wird projektbezogen gearbeitet, sie müsste von morgens bis abends ins Büro. Die meisten Kindergärten schließen um 12. „Ich hoffe halt, dass Oliver demnächst genug für einen privaten Platz verdient“.

Modell Zur-Oma-Bringen: Susa und Marco stehen morgens um sechs Uhr auf. Die eineinhalbjährige Mia auch. Wenn nicht, wird sie geweckt. Dann schnell anziehen, frühstücken und ab ins Auto nach Castrop-Rauxel zu Oma Ingrid. Dann muss Susa zurück nach Dortmund und Marco weiter nach Essen. Er ist Kfz-Mechaniker, sie ist Arzthelferin. Oma Ingrid ist Rentnerin, zum Glück, denn sie passt auf Mia auf, seit die acht Wochen alt ist. Mia ist gerne bei Oma Ingrid, deshalb ist Susa mit ihrem Modell auch ganz zufrieden. Eigentlich hätte sie noch gerne, dass Mia mehr mit anderen Kindern spielt. Deshalb wollten Marco und Susa einen Betreuungsplatz. Das wird aber wahrscheinlich nichts mehr, hat das Dortmunder Jugendamt von Anfang an gesagt, weil Susa und Marco zusammen zu viel Geld verdienen und die wenigen Plätze an sozial Bedürftige vergeben werden. Wenn Susa nicht arbeiten würde, hätten sie wenig genug Geld, dass es vielleicht klappen könnte. „Das ist uns aber zu wenig Geld, wir wollen auch mal in den Urlaub fahren.“ Also spielt Mia weiter mit Oma Ingrid und kommt mit drei in den Kindergarten, wenn es geht auch nachmittags.

Modell Rollenteilung: Dieses Modell wird zur Zeit in zwei Variationen bei der taz nrw erprobt. Die Idee dahinter: Keiner der beteiligten Erwachsenen hat Lust, das Geld ranzuschaffen und die Kinder nie zu sehen. Variante 1:Taz-Autorin Miriam kommt zwei Tage zur taz, geht einen Tag zur Uni und kümmert sich an den beiden anderen Arbeitstagen den 15 Monate alten Leander. Ihr Mann Tobias macht das genauso, nur dass er nicht zur taz geht, sondern an der Uni jobbt. Leander soll mit zwei in die Kita, wenn s klappt, wenn nicht, geht s weiter so.

Katja und Elmar haben längerfristiger geteilt. Tochter Stella wird bald eins und wird dann von ihrem Vater versorgt, der ab nächstes Jahr in die taz-Elternzeit geht. Katja ist dann wieder Vollzeitlehrerin. Auch Stella soll möglichst im Sommer in die Kita.

Modell Berufung: Thomas ist Vollzeitpapa und sieht das als Beruf. Seine Frau Friederike ist Grundschullehrerin, sie haben drei Kinder (eins, zwei und drei Jahre alt) und Friederike ist immer nach acht Wochen nach der Geburt wieder arbeiten gegangen. Kochen, Kümmern und sich kreative Spiele ausdenken – damit ist Vollzeit Papa Thomas den ganzen Tag beschäftigt und fühlt sich auch ausgelastet. Wenn die Kinder in der Schule sind, will der Sozialpädagoge gerne wieder arbeiten gehen. „Wenn nicht einer von uns die Elternrolle machen würde, könnten wir keine drei Kinder haben“, sagt Thomas. „Kinder sind was Wunderbares und ich bin froh, dass ich von meinen so viel mitkriege.“

MIB,NAW