Iraker wählen gern und viel

Mehrere tausend Iraker haben bisher im Wahllokal nahe dem Gleisdreieck ihre Stimme für die Parlamentswahl abgegeben. Die Stimmung ist festlich und friedlich

Gut eintausend Menschen drängeln sich gestern am späten Nachmittag auf dem Postgelände am Kreuzberger Gleisdreieck. Teils warten sie stundenlang, um nach strengen Sicherheitskontrollen das Gebäude betreten zu dürfen. In den ehemaligen Lagerhallen können seit Dienstag Irakerinnen und Iraker aus Berlin, Ost- und Norddeutschland ihre Stimme für die irakischen Parlamentswahlen abgeben.

Knapp 2.900 irakische Staatsbürger leben in der Hauptstadt, 80.000 in der gesamten Bundesrepublik. In Berlin und drei anderen deutschen Städten können sie noch bis heute ihre Stimme abgeben. Bei der letzten Wahl im Januar haben 25.000 der in Deutschland lebenden Iraker diese Chance genutzt. Ihre Stimmen gemeinsam mit denen der Exiliraker aus 14 anderen Ländern entscheiden über 45 der 275 Abgeordneten des irakischen Parlaments.

Auch diesmal sei die Wahlbeteiligung hoch, sagt Sadik al-Biladi von der irakischen Wahlkommission, die die Auslandswahlen organisiert. Genaue Zahlen hat er aber noch nicht. Die vielen Reisebusse, die vor den Toren des Postgeländes mit laufenden Motoren warten, kommen aus Norddeutschland, Sachsen und sogar aus Franken.

Gut zehn Mannschaftswagen der Polizei sind vor Ort. Polizisten sichern das Wahlgelände von außen. Wer einen blau gefärbten Zeigefinger hat, darf nicht mehr durch das Tor zu den Hallen. Die blaue Farbe ist der Hinweis darauf, dass man bereits gewählt habe. Sicherheitsprobleme oder Auseinandersetzungen habe es bisher keine gegeben, sagt Polizeisprecherin Andrea Hainzl.

Die Stimmung bei denen, die auf dem unwirtlichen Industriegelände warten, ist trotz ungemütlicher Kälte und einem eisigen Regen beinahe volksfestartig gut. Viele haben ihre Kinder mitgebracht. Manche Frauen tragen festliche, mit Gold und viel Glitzer geschmückte Kleider. „Es ist ja wie ein Fest für uns“, sagt eine irakische Kurdin. Zum zweiten Mal könne sie nun an demokratischen Wahlen für ihr Heimatland teilnehmen: „Das ist ein Traumtag!“ ALKE WIERTH