: Radi für den Rabbi
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad will, dass Israel nach Deutschland verlegt wird. Sieben Punkte, die für eine Umsetzung des genialen Planes sprechen
Er ist die neue Lichtgestalt der internationalen Politik, und es gibt niemanden, der nicht von seiner Klugheit fasziniert wäre: Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hört zwar, wie er selbst behauptet, Stimmen aus dem Jenseits, während ihn ein Lichtschein umgibt; ja eigentlich lebt der sympathische Irrwisch auf dem Mond. Aber gerade deshalb ist es umso begrüßenswerter, dass sich Mahmud Ahmadinedschad in die Niederungen der Politik begibt, um kleine Probleme wie den Nahostkonflikt mit leichter Hand zu lösen. Nun hat Irans Mann im Mond vorgeschlagen, den Staat Israel nach Deutschland zu verlegen. Ein hinreißendes Gedankenspiel, das die Wahrheit sehr gern zu Ende denkt: Tauschen wir Bayern gegen Israel!
1. Anarchie des Orients
Im Grunde ist der Bayer ein Anarchist. Bei seinem Gerechtigkeitssinn und seiner Ehrpusseligkeit muss der Bayer sich selbst aber immer unter Kontrolle halten. Denn der Bayer weiß, dass aus seiner Heimat immer wieder umwälzende politische Veränderungen hervorgingen. Der Bayer ist ein unterdrückter Revolutionär. Wie wohl wird der sich da erst im arabischen Umfeld fühlen. Er wird im stets unruhig köchelnden Orient seine Bestimmung finden. Dort kann er seinen anarchistischen Widerspruchsgeist endgültig ausleben.
2. FC Bayern Jerusalem
Ein Weltverein für den Nahen Osten. Eine Siegermannschaft für das Heilige Land. Tore für die Enkel Abrahams. Der FC Bayern Jerusalem wird der neue Botschafter einer ganzen Region. Zwar wird er schon bald die vorderasiatische Fußballwelt dominieren und sich mit seiner oft falsch verstandenen Arroganz ein paar wenige Feinde machen. Aber der Gewinn für den Sport-Orient ist unbezahlbar. Selbstverständlich muss dann auch die Allianz Arena von der Fröttmaninger Heide mitten nach Jerusalem verlegt werden. Angesichts des weithin leuchtenden, prächtigen Stadions wird die goldene Kuppel des Felsendoms vor Neid erblassen. Dass Franz Beckenbauer schön weit weg sein tägliches Werbe-Unwesen treiben darf, kann als positiver Nebeneffekt gar nicht hoch genug eingeschätzt werden: „Ja, is denn scho’ Ramadan?“
3. Münchner Witz
München, diese Wüste des Witzes, wird erblühen. In der Münchner Lach- und Schieß-Gesellschaft entsteht ein Zentrum des zentraleuropäischen Humors. Der schnellzüngige und manchmal bittere, aber immer tiefsinnige Witz der Neuen Münchner Schule wird ein solches Pointenfeuerwerk in den deutschen Humorhimmel abfeuern, dass der Industriehumor von Sat.1, RTL und ProSieben sofort seine Billigproduktion einstellen muss.
4. Weißwurstäquator
Neu verlegt werden muss nicht nur der Weißwurstäquator, der jetzt parallel zum Jordan verläuft. Auch die gewohnten Essenszeiten können bei der Hitze Palästinas kaum mehr eingehalten werden. Die alte Regel, dass eine Weißwurst bis zwölf Uhr gegessen sein muss, wird deshalb pragmatisch in die Zeit vor Mitternacht verlegt. Nur auf das Bier müssen die Bayern leider, leider verzichten. Das ist am ursprünglichen Platze geblieben und erfreut jetzt die jüdischen Genießer, die sich im Englischen Garten schon vormittags manche Maß genehmigen. Das schafft ein ganz neuartiges entspanntes Lebensgefühl: der Biergarten als jüdisches Idyll. Man ist weit entfernt von all den Schmocks. Und dazu gibt es die beliebte jüdische Leibspeise, die besonders den Rabbi erfreut: „A Radi für den Rabbi. Und a Weizen, au fein!“
5. BMW statt Zitronen
Neuerdings wird den dummen Deutschen glauben gemacht, ihr Staat sei pleite. Dabei ist Deutschland immer noch eines der reichsten Länder der Welt. Und Bayern ist der Krösus unter deutschen Landen. Als Treppenwitz der Weltgeschichte erscheint es da, dass der Staat Israel permanent pleite ist und von den USA alimentiert wird. Dabei waren Juden jahrhundertelang die Bankiers und Geldgeber aller Machthaber. Nun kann ausgerechnet der erste jüdische Staat der Weltgeschichte nicht mit Geld umgehen. Da käme eine grundlegende Konsolidierung der Staatsfinanzen durch das umfangreiche bayerische Vermögen nur recht. BMW und Siemens sind schließlich ertragreicher als Zitronen und Orangen aus dem Kibbuz.
6. Stoiber im Höhenflug
Ein Traum wird wahr. Zumindest für die große silberhaarige Hoffnung Bayerns. Ausgerechnet durch die iranische Hintertür könnte Edmund Stoiber doch noch zu höheren Weihen gelangen: Edmund Stoiber wird Regierungschef eines Staates. Allerdings müssten die israelischen Atomraketen dringend zerstört werden. Sonst schießt sich Stoiber im Höhenflug hinaus in die unendlichen Weiten des Weltalls.
7. Ende der Verschwörung
Für alle Verschwörungstheoretiker zerplatzt auf einen Schlag das Wahngebilde einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung. Denn am Chiemsee oder in Franken sind Welteroberungspläne für alle Einwohner, egal welcher Konfession, gesetzlich streng verboten. Erste Bürgerpflicht ist: Ein jeder muss „a Ruah“ geben. Dass jedoch die Verschwörungstheoretiker künftig von einer bayerischen Weltverschwörung munkeln werden, muss dabei von der Weltgemeinschaft leider in Kauf genommen werden. Aber vielleicht fällt dem politischen Genie Mahmud Ahmadinedschad auch dafür eine schlichte Lösung ein. MICHAEL RINGEL
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