Keiner sagt Nein

Greg Poss trainiert künftig die Mannheimer Adler – und nicht mehr die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft

BERLIN taz ■ Die hohen Herren vom Präsidium hätten es verhindern können, jedenfalls erzählte es Franz Reindl, der Sportdirektor des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), später so. „Wenn wir Nein gesagt hätten, wäre er geblieben“, ließ Reindl wissen. Aber das versammelte Präsidium wollte am Mittwoch nicht Nein sagen zu Greg Poss, sondern stimmte dessen Bitte nach Vertragsauflösung ohne langes Zögern zu. Damit war Poss mit mehr oder weniger sofortiger Wirkung und auf eigenen Wunsch nicht mehr Eishockey-Bundestrainer, bereits gestern wurde er als neuer Coach der Adler Mannheim vorgestellt.

Man kann getrost davon ausgehen, dass es den DEB-Bossen nicht sonderlich schwer gefallen war, den Amerikaner ziehen zu lassen, große Mühe, es zu verhindern, haben sie sich jedenfalls nicht mehr gegeben. Dafür gab es auch keinen Grund, die Bilanz der nur 15-monatigen Amtszeit des Amerikaners ist mit „negativ“ noch wohlwollend umschrieben, eindeutiger Beweis hierfür ist der Abstieg in die B-Gruppe des Welt-Eishockeys bei der WM diesen Mai. Schon da gab es Pläne, sich des Amerikaners zu entledigen, allerdings scheiterten diese an Hans-Ulrich Esken, dem DEB-Präsidenten. Der lobte auch nach dem Abstieg die „schlüssige Philosophie“ des Trainers, die ganz nach seinem, also Eskens Geschmack war.

Schließlich hatte der Präsident just aus diesem Grund schon Poss-Vorgänger Hans Zach, den schrulligen Metzgermeister aus Bad Tölz, aus dem Amt geekelt. Zugegeben: Die Nationalmannschaft unter Zach stand für Defensive, bisweilen für Destruktion. Schön anzusehen war ihr Spiel selten, meist aber erfolgreich. Dreimal hatte Zach die Deutschen bis ins Viertelfinale von WM oder Olympia geführt, was als ziemliche Sensation galt, weil der Tölzer durch sein Spielsystem deutlich mehr aus der Mannschaft herausholte, als eigentlich in ihr drin war. Dem Präsidenten war das dennoch nicht genug. Esken wollte offensiveres und schöneres und schnelleres Eishockey – und tat das in aller Öffentlichkeit auch kund, so lange und laut, bis Zach die Schnauze voll hatte – und der Weg endlich frei war für Poss. Der, als smarter Jungdynamiker so ziemlich das genaue Gegenteil vom Grantler Zach, versprach all das, was sich der Präsident so sehnlichst wünschte – und stieg damit auf Anhieb ab. Auch beim folgenden Nations Cup im November reichte es trotz Heimvorteil zu nicht mehr als dem letzten Platz für die deutsche Mannschaft.

Es hat am Mittwoch also wirklich keinen Grund gegeben, Poss nicht ziehen zu lassen. Zumal der Nachfolger längst bereitsteht, auch wenn (zumindest bis Redaktionsschluss) noch nichts unterschrieben ist: Der ehemalige NHL-Profi Uwe Krupp stand schon beim Nations Cup als Poss-Assistent an der Bande – und passte auf, dass der Boss mit seinen Anweisungen nicht wieder zu große Unordnung in die Mannschaft brachte. „Er ist die große Integrationsfigur im deutschen Eishockey“, lobt Sportdirektor Reindl schon mal prophylaktisch; der größte Name, den das deutsche Eishockey zu bieten hat, ist er ohnehin: Zwischen 1986 und 2003 absolvierte der Verteidiger Krupp 810 Spiele in der NHL, verdiente sich dabei den Künstlernamen „King Kong“ und als einziger Deutscher den Stanley Cup – und das gleich zwei Mal.

Kein Wunder also, dass Krupp von so ziemlich allen im DEB der Wunschkandidat ist, zumal sich eine lange Trainersuche ohnehin verbietet, schließlich stehen schon im Februar die Olympischen Spiele an. Diese freilich sind für das deutsche Team nur die Kür. Die Pflicht folgt dann im April. Bei der B-WM in Frankreich. FRANK KETTERER