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: Jetzt nur noch Endspiele

HANDBALL Die Füchse Berlin standen in den vergangenen Jahren für eine erfolgreiche, international konkurrenzfähige Marke. Nach einer 16:27-Niederlage gegen Flensburg droht nun mehr denn je der Absturz

Die vergangene Woche hatten sich die Füchse Berlin anders vorgestellt. Erst scheiterte man im Achtelfinale der Handball-Champions-League denkbar knapp und äußerst unglücklich an Atlético Madrid und dann folgte am Ostersonntag in der Bundesliga das 16:27-Heimdebakel gegen Flensburg. „Die Woche hat viele Kräfte gekostet und gegen Flensburg war der Akku dann leer“, erklärte Manager Bob Hanning.

Die Füchse gehen auf dem Zahnfleisch – mental und körperlich. Gegen Flensburg lief beispielsweise Kreisläufer Evgnei Pevnov trotz Schulterproblemen auf. Die Länderspielpause kommt also gerade recht – in den kommenden beiden Wochen finden keine Ligaspiele statt.

Die erneute Champions-League (CL)-Qualifikation für die nächste Saison ist nach der Pleite für die Füchse in Gefahr. In den vergangenen beiden Jahren schafften sie den Sprung in die Königsklasse. 2012 gelang gar der Einzug ins Halbfinale, wo man den späteren Sieger THW Kiel am Rande einer Niederlage hatte.

Mit dem Krimi gegen Madrid vor zehn Tagen und dem Sieg gegen den großen FC Barcelona Anfang Februar setzten die Berliner in dieser Saison auch international wieder Ausrufezeichen. Die Königsklasse hat die Füchse zu einer echten Marke gemacht, in der Stadt und in Europa. International auf höchstem Niveau mithalten können von den großen Berliner Sportvereinen sonst wohl nur noch die Eisbären.

Den Füchsen im Nacken

Nun droht der Verlust dessen, was man sich erarbeitet hat. Momentan stehen die Füchse in der Bundesliga auf Platz vier. Der würde eventuell zur Teilnahme an einem Qualifikationsturnier für die CL reichen, muss aber erst mal verteidigt werden. Der HSV Hamburg sitzt den Füchsen schon im Nacken.

„Deshalb haben wir jetzt noch sieben Endspiele vor uns“, sagte Kapitän Torsten Laen. Der wird in der nächsten Saison von einer möglichen CL-Teilnahme aber gar nichts mehr haben. Er verlässt Berlin und kehrt in die dänische Heimat zurück. Neben dem Kapitän trennen sich die Berliner zudem von vier weiteren etablierten Kräften.

Und damit stellt sich die Frage: Ist das neu formierte Team dann überhaupt noch Champions-League-tauglich? Mit Kreisläufer Jonas Thümmler und Rückraumspieler Fabian Wiede sollen zwei Akteure aus dem eigenen Nachwuchs die Lücken stopfen. Ein Jahr später folgt mit Paul Drux, einem der vielleicht größten Talente im deutschen Handball, ein weiterer Akteur aus der Jugend zu den Profis.

Nachwuchs gefordert

Die Einbindung der Nachwuchskräfte ist sinnvoll. Der Füchse-Nachwuchs zählt bundesweit zu den besten im Land. Zwei Mal in Folge holte die A-Jugend die deutsche Meisterschaft. Das Problem ist aber, dass der Sprung von den Junioren in die Bundesliga sehr groß ist. Oft zu groß. Daher ist der Zugriff auf den eigenen Nachwuchs auch ein Wagnis, das Manager Bob Hanning nun eingeht.

Hanning spricht immer leicht romantisierend von einer „Berlinisierung“ der Mannschaft, für die er sogar auf die Champions League verzichten würde. Aber ist das in Berlin vermittelbar? Nicht nur die Spieler, auch die Zuschauer haben sich an das europäische Spektakel gewöhnt. Unvergessen das CL-Viertelfinale in der vergangenen Saison, als die Füchse gegen Ademar Leon einen Elf-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel noch umbogen.

Das wollen die Zuschauer sehen. Wenn die Füchse in der Bundesliga aber im Mittelmaß versinken und im zweitklassigen EHF-Pokal – in etwa die Europa League des Handballs – eigentlich nur unattraktive Gegner warten, dürften sie kaum mehr so zahlreich in die Max-Schmeling-Halle strömen. Seit dem Aufstieg in die Bundesliga ging es mit den Füchsen stets steil bergauf. Nach dieser Saison wird das anders sein. Und wohin der Weg führen wird, wissen vermutlich nicht einmal die Verantwortlichen selbst. NICOLAS SOWA