Sachalin wird geprüft

Die Osteuropa-Bank (EBRD) will Beteiligung am größten Gasprojekt der Welt prüfen. Umweltschützer sind entsetzt

BERLIN taz ■ Der Energieriese Shell darf auf öffentliches Geld für sein gigantisches Gasprojekt „Sachalin II“ hoffen. Am Mittwoch beschloss der Verwaltungsrat der Osteuropabank, eine 120-tägige Prüfungsphase für das 22 Milliarden US-Dollar teuere Projekt vor der ostsibirischen Insel Sachalin einzuleiten.

Noch im Mai hatte die öffentliche Bank die Prüfung von Shells Kreditantrag wegen Umweltbedenken abgelehnt. Der Präsident der Osteuropabank Jean Lemierre erklärte gegenüber der taz: „Shell hat die Dokumentation seines Antrages verbessert. Er enthält neue Informationen und Strategien zum Umgang mit den Umweltrisiken. Entschieden wird über den Antrag aber erst nach dem Ende der Beratungsphase.“

Lemierre betonte, dass die Gefahr der Zerstörung von Sachalins Lachsbeständen und der Ausrottung der letzten 100 westpazifischen Grauwale durch das Großprojekt nicht gebannt sei. „Wir teilen die Bedenken der NGOs und arbeiten hart daran, dass die Planung des Projektes den Bedenken Rechnung trägt“, sagte Bankchef Lemierre. Die Osteuropabank werde das Projekt nur unterstützen, wenn es die Sozial- und Umweltstandards der Osteuropabank erfülle. Lemierre: „Wir müssen aber auch andere Kriterien berücksichtigen.“ Dazu gehöre, dass die Umsetzung des Projektes bereits begonnen hat. „Unsere Entscheidung orientiert sich an unseren Grundsätzen und an den Realitäten“, so der Bankchef.

Die Beteiligung der Osteuropabank an „Sachalin II“ gilt als Türoffner für die Kredite anderer Großbanken. Viele würden bei dem Gasprojekt erst einsteigen, wenn die Osteuropabank das Projekt als ethisch akzeptabel absegnen würde.

Die Bewohner von Sachalin reagierten wütend auf die Bankentscheidung. „Damit riskiert die Osteuropabank, ihren Ruf zu beschädigen“, sagte Dimitri Lisitysin von der lokalen Umweltorganisation „Sakhalin Environmental Watch“. Regine Richter vom Umweltverband „Urgewald“ kritisierte: „Die Osteuropabank soll als öffentliche Bank die Demokratisierung in Osteuropa fördern. Ölprojekte sind der Demokratie aber selten zuträglich.“ Illegal begonnene Bauarbeiten hätten nach Angaben von Umweltschützern bereits viele Laichgebiete von Lachsen beschädigt, die die Lebensgrundlage für 30 Prozent der Bevölkerung bilden. Auch das Futterverhalten der Grauwale habe sich durch die Bauarbeiten bereits verändert. TARIK AHMIA

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