Münte ist Schröders Job egal

Linksfraktion, FDP und Grüne zwingen Vizekanzler, sich zum Gazprom-Deal zu äußern

BERLIN taz ■ 448 von 614 Abgeordneten stellt die große Koalition im Bundestag. Doch wie weit SPD und Union damit kommen, wenn sie nicht kommen, durften sie gestern lernen.

Mit fröhlicher Unterstützung der Linksfraktion und der Grünen – allerdings auch einiger Unionsleute – gelang es der FDP, eine recht plötzliche Forderung gegen die spärlich besetzten Reihen der Regierungsfraktionen durchzusetzen: Der Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) musste herbeigeholt werden. Er sollte die Haltung der Bundesregierung dazu erläutern, dass der Exkanzler Gerhard Schröder (SPD) als Aufsichtsratschef beim deutsch-russischen Erdgas-Konsortium aus Gazprom, Eon und BASF eingestiegen ist, das bis 2010 eine Gas-Pipeline durch die Ostsee verlegen will. Kaum eine halbe Stunde später erschien Müntefering und begrüßte die Liberalen: „Ich erkenne die Spaß-FDP wieder.“ Die Bundesregierung habe sich zu Schröders Verhalten „keine Haltung gemacht“, da das Kabinett hierfür nicht zuständig sei. Doch nach seiner persönlichen Meinung sei er „froh“, dass Schröder in seinem neuen Job „für das Land und für Europa gute strategische Arbeit machen kann“. Müntefering erklärte es für „Irrsinn“ zu glauben, Schröder habe seine Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nur gepflegt und sich für die Pipeline eingesetzt, damit Putin ihm den Posten besorge.

Eine Mehrheit für einen „Ehrenkodex“, der den Übergang aus der Politik in die Wirtschaft mit Schamfristen versähe, wird es trotz gewisser Besorgnis um den Ruf des Politikerstands im Bundestag kaum geben. Die „Partei der Aufsichtsräte“ (Klaus Uwe Benneter, SPD, zur FDP) jedenfalls verlangte ihn gestern nicht. Wie viel Geld Schröder bei Gazprom und Co verdient, ist weiterhin unbekannt. UWI