SOUNDTRACK

Superjung. Jake Bugg kann eigenen Konzerten mit leichter Sorge entgegensehen. Der 19-Jährige sieht nämlich aus wie 15 und scheitert mit etwas Pech an der Sichtkontrolle am Einlass. Alles in allem ist die Juvenilität des Briten, der mit 17 zur nationalen Entdeckung hochgejubelt wurde, allerdings von anderem Kaliber: Bugg singt von Dingen, die er kaum selbst erlebt haben kann, kommt eine Spur zu altklug und ausgebufft daher und schließt zudem an das (Erscheinungs-)Bild jener Working class-Lads an, von denen man schon angenommen hatte, das sie seit dem Ende von Oasis von der britischen Popkultur nicht mehr bereit gehalten werden. Das Besondere an Bugg ist allerdings weniger all dies und mehr der Umstand, dass sein musikalisches Referenzsystem um einen Haufen Toter und Stars der Großeltern angesiedelt ist, was Musik und Typ den Nimbus des aus der Zeit Gefallenen verleiht. Als Orientierungspunkte werden von ihm jedenfalls Buddy Holly, The Weavers, Robert Johnson und Don McLean genannt und das glaubt man ihm angesichts schnörkelloser, von allem Zierat befreiter (Folk-)Rocksongs sofort. Richtig eigen wird es dann, wenn der junge Mann seine prägnant, näselnd-quäkige Stimme (Bob Dylan grüßt aus angemessen großer Entfernung) zum Einsatz bringt. Sa, 6. 4., 19 Uhr, Gruenspan, Große Freiheit 58

Superschön. Der Einwand: „miteinander verheiratete Musiker haben wir schon genug“ kann nicht zählen. Präzisierend muss es wohl heißen: Kein Bedarf besteht an musikalischen Visitenkarten eigenen Eheglücks, denn öffentlich zur Schau gestellte Intimität ist generell lästig und wird zum noch größeren Ärgernis, wenn sie sich auf ungebrochene Weise in Kunst verpackt. In diesem Sinne müssen Rue Royale möglicherweise aufpassen, dass ihre umfassende Besinnlichkeit nicht falsch verstanden wird. Die genauso hübschen wie verträumten Songs des ursprünglich aus Chicago stammenden, jetzt in England ansässigen Duos sind in weiche Watte gepolstert, die im Wesentlichen aus Piano und Akustikgitarre besteht. Vor handelsüblicher Singer/Songwriter-Belanglosigkeit retten dabei nicht nur die feinen Setzungen von Rhythmen, sondern vor allem das äußerst harmonische gesangliche Zusammenspiel der beiden Dekkers. Wirkt im Gegensatz zur Liebe nicht ewig, aber doch einen guten Moment lang. Mo, 8. 4., 20 Uhr, Imperial Theater, Reeperbahn 5

Superzart. Fragil kommt John Grant (Foto) auf seinem zweiten Album um die Ecke. Und ist zu jedem Schwelgen bereit. Die weiche Musik bricht sich jedoch nicht nur an den Fotos, auf denen Grant meist in harten Kontrasten und ein wenig mehr als nur ernst dreinschauend abgebildet ist. Auch die Texte sind in gewisser Weise Antipoden des musikalischen Geschehens. Auf seinem Erstling sang Grant von Drogenexzessen und Depressionen und ließ sich – wenn überhaupt, aber immerhin – zu einigen sarkastischen Witzen hinreißen. Der jüngst erschienene Nachfolger erweist sich als ähnlich gefertigtes trojanisches Pferd. Musikalisch zwischen dem unspektakulären Folkrock des Erstlings und in Clubsounds gebadetem Folktronic schwankend, steigt Grant textlich erneut in persönliche Tiefen hinab, thematisiert verstorbene Freunde oder seine HIV-Diagnose. Dass dennoch am Ende keine niederschmetternde Stimmung entstehen kann und will, ist nicht zuletzt dem Gesang Grants zu verdanken, dessen Bariton und leichte Distanziertheit nicht nur entfernt an Stephin Merritt von den US-Indie-Poppern Magnetic Fields (noch so ein U-Boot) erinnert. Mo, 8. 4., 20.30 Uhr, Mojo Club, Reeperbahn 1

Super. Kein Gelaber. Die Band klingt, als würde sie der Welt permanent wütende Sätze entgegenschleudern. Der Inhalt lautet allerdings: Schweig! Und vor allem: wir schweigen ja auch. Insofern muss der Bandname And So I Watch You From Afar fast schon programmatisch verstanden werden. Von ganz weit weg schauen die Nordiren auf ein Meer musikalischer Belanglosigkeiten und überziehen es mit einer genauso virtuosen und maßlosen Attacke, in der sich Hardcore, Post- und Mathrock so richtig schön die Hände reichen. Bitte vorne stehen. Mi, 10. 4., 20 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84 NILS SCHUHMACHER