Geschichten von 1.001 Frau

Zeitnah zur diesjährigen Verleihung des Friedensnobelpreises sind zwei inspirierende neue Bücher über FriedensstifterInnen erschienen

Nomvuyo Skota Dayile aus Südafrika ist eine von weltweit zwanzig Koordinatorinnen des Schweizer Projekts „1000 Frauen für den Friedensnobelpreis“. Etwa zwei Jahre lang hat die Initiative, unterstützt durch die regionalen Kenntnisse ihrer Koordinatorinnen, die Namen von Friedensstifterinnen rund um den Globus gesammelt. „Frieden kann man niemals allein erreichen. Darum schließen sich Frauen in Netzwerken, Gruppen und Allianzen zusammen“, schrieb die Initiatorin des Projektes, die Schweizer Europarätin Ruth-Gaby Vermot, im Vorwort zu der beeindruckenden Dokumentation „1000 Peacewomen Across the Globe“.

Der 2.208 Seiten dicke englischsprachige Reader ist ein Katalog der Vorbilder. Er dürfte ein Standardwerk werden, ein weltweites Lese- und Nachschlagebuch für Friedensorganisationen, Behörden und Institutionen, Kirchengemeinden, Universitäten, Schulen und alle Interessierten. Jede der tausend Frauen wird auf einer Doppelseite mit Bild und Kurzbiografie vorgestellt. Macht tausend Geschichten, geschrieben von Journalistinnen oder Fachfrauen. Anrührende und ergreifende Geschichten, die tausend Modelle sichtbar machen, wie man in schwierigen, manchmal hoffnungslos erscheinenden Situationen kreativ und erfolgreich Konflikte bearbeiten kann.

Manch eine Berühmtheit taucht auf, etwa die Palästinenserin Hanan Ashrawi, die indische Ökofeministin Vandana Shiva oder die Mitanführerin der georgischen „Rosenrevolution“, Nino Burjanadse. Aber die meisten Frauen sind wenig bekannte Graswurzelaktivistinnen. Nicht wenige von ihnen wurden eingesperrt und gefoltert, zwei sind noch inhaftiert, viele wurden bedroht, verfolgt, attackiert und vergewaltigt. Die weltweite Bekanntgabe ihrer Namen ist auch ein Schutz für ihre Menschenrechtsarbeit. Zwei Beispiele nur: Die Nigerianerin Dorothée Cesnabmihio Aken’ova kämpft in enger Zusammenarbeit mit amnesty international gegen die Steinigung von Frauen im islamischen Norden ihres Landes. Jinming Zhang, chinesische Lokaldirektorin der Kommunistischen Partei, führte trotz enormer Pressionen direkte Wahlen in ihrem Bezirk Ya’an City ein.

Die 1.001. Geschichte ist die der ganzen Initiative, dargestellt von den Projektmitarbeiterinnen und Koordinatorinnen. „Die Erzählungen der Frauen auf diesen Seiten bezeugen, dass es trotz der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Unterschiede zwischen den Völkern absolute Werte gibt“, schreibt Anita Mir. „Aus den hunderten von Formen, eine nachhaltig menschliche Welt zu bauen, ergibt sich etwas, was hoffentlich als eine universelle Idee von Frieden formuliert werden kann.“

Wer lieber deutsch liest und Fotos mag, der sollte sich „Die Friedensmacher“ besorgen, einen Sammelband voll glänzender Reportagen und exzellenter Bilder. Der mehrfach preisgekrönte Journalist Michael Gleich und weitere AutorInnen porträtieren Friedensprojekte in elf Ländern: die Arbeit einer OSZE-Beauftragten für Vertrauensbildung in Mazedonien, das weltweit kopierte Modell einer Gemeindepolizei in New Haven (USA), die Arbeit eines Pastors, der zwischen bewaffneten Gruppen in Kolumbien vermittelt; an Letzteren gehen übrigens alle Tantiemen des Buchs. In seinem Abschlusstext rechnet Michael Gleich vor, dass sich Frieden sprichwörtlich auszahlt. So etwa in Bosnien: Krieg und Kriegsfolgen kosteten bis heute 53 Milliarden Dollar, 20 Milliarden mehr als die vierjährige Stationierung einer 200.000 Mann starken Friedenstruppe.

Das Buch ist eines von mehreren Produkten des von Michael Gleich gegründeten Journalistennetzwerks „Peace Counts“ (www.peacecounts.org), das sich verdienstvollerweise vorgenommen hat, Frieden als die eigentliche Sensation darzustellen. „Es liegt in der Natur von Massenmedien, Probleme auszubreiten und Lösungen eher unter den Tisch fallen zu lassen. […] Die wirtschaftlichen und sozialen Ursachen für Konflikte werden in der aktuellen Berichterstattung oft am Rande oder gar nicht erwähnt“, schreibt „heute“-Moderatorin Petra Gerster dazu in ihrem Vorwort. Wie wahr. Noch schöner wäre es, wenn in „heute“ und anderen Sendungen daraus auch mal Konsequenzen gezogen würden. UTE SCHEUB

„1000 Peacewomen Across the Globe“. Scalo Verlag, Zürich 2005, 2.208 Seiten, 39 Euro Petra Gerster mit Michael Gleich: „Die Friedensmacher“. Hanser Verlag, München 2005, 248 Seiten, 24,90 Euro. Dem Buch ist eine Multimedia-CD-ROM beigelegt, mit Musik, Bildern und Hintergrundinfos, die in Schulen eingesetzt werden kann