Verzinster Zorn

Weil Braunschweig sich seit langem von Hannover gedemütigt fühlt, will es nun eine eigene Sparkasse gründen. Das Projekt habe „nichts mit gekränkter Eitelkeit zu tun“, sagt OB Hoffmann

von Kai Schöneberg

Peripherie gegen Zentrale, der kleine Aufmüpfige gegen den großen Bösen, die CDU gegen die CDU, Eintracht gegen 96, letztlich Provinz gegen Provinz. Der uralte Streit zwischen dem aufstrebenden Braunschweig und dem mächtigeren Hannover findet dieser Tage in einem bösen Streit zwischen Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) und Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) einen neuen Höhepunkt. Thema: die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB). Mit „Befremden“ musste Hoffmann in der vergangenen Woche zur Kenntnis nehmen, dass erstmals seit 35 Jahren kein Braunschweiger Oberbürgermeister mehr im Aufsichtsrat der Nord/LB vertreten sein solle. Statt Hoffmann entsendet der Sparkassen- und Giroverband nun Hasso Kaempfe, den Jägermeister-Chef aus Wolfenbüttel in das verkleinerte Gremium. Was Hoffmann denn wolle, legte Aufsichtsratschef Möllring daraufhin nach: Der OB habe ja ohnehin elf von 15 Sitzungen geschwänzt.

Nicht nur, dass der Braunschweiger diese „Stillosigkeit“ von „Herrn Möllring“ rügte, der ja „bekanntlich einen einschlägigen Ruf in Niedersachsen“ habe. Seitdem treibt Hoffmann die Gründung seiner eigenen Sparkasse voran. Bislang gibt es zwischen Helmstedt, Goslar und Peine nämlich 108 Filialen der Nord/LB, die anstelle einer normalen kommunalen Sparkasse die Funktion eines öffentlichen Geldinstituts wahrnehmen. Von 750.000 Einwohnern der Region ist gut Hälfte Kunde der „Landessparkasse Braunschweig“, die direkt von der Nord/LB in Hannover geführt wird.

Gestern zog Hoffmann ein älteres Gutachten aus der Tasche, laut dem eine Eigengründung durchaus möglich sei. Auch benachbarte Städte und Landkreise seien an dem Projekt interessiert, das habe „nichts mit gekränkter Eitelkeit zu tun“. Die Braunschweiger fühlen sich seit langem nicht gut von den Hannoveraner Bankern vertreten. Dabei geht es um Sponsoring und Gelder für die lokale Wirtschaft, allein der Stadt Braunschweig seien 42 Millionen Euro Gewerbesteuer durch die Lappen gegangen, weil die Nord/LB wegen Verlusten in anderen Regionen kaum Gewerbesteuer zahle, sagte Hoffmann. Die Stadt könne für ihr Vorhaben „deutlich mehr als 100 Millionen Euro“ einsetzen. Startschuss: Vielleicht schon der 1. Januar 2008. Hoffmann: „Wir sind ein bedeutender Finanzplatz in Deutschland und wollen das ausbauen.“ Und: Dass es sich „aus der Sicht von Herrn Möllring ausschließlich um eine persönliche Auseinandersetzung mit mir handelt“, könne man daran sehen, dass der gesagt habe, „wegen eines einzigen Sitzes in einem Gremium“ gebe es „Zoff ohne Ende“.

Möllring betont, die Gründung des Konkurrenz-Institutes sei gar nicht möglich. Ausgerechnet hannöversche Zeitungen zitieren seitdem „Insider“, die das bestätigen. Den Braunschweigern fehle es an den 3 K: Kapital, Köpfen und Kunden. Logisch, dass die SPD gestern sagte, es sei „selbstverständlich“, dass der Braunschweiger OB Anspruch auf einen Sitz im Aufsichtsrat der Bank habe. Interessant dagegen, dass sich die Landes-FDP offenbar gegen ihren Koalitionspartner stellt: Laut einem internen Gutachten halten die Liberalen die Gründung der Sparkasse langfristig durchaus für möglich.