Kim riegelt Sonderzone ab

KOREA Pjöngjang kappt die letzte Verbindung zum Süden und verbietet Südkoreanern die Einreise in die gemeinsame Wirtschaftsregion Kaesong. Seoul reagiert mit Drohungen

Die Zone bot 53.000 Nordkoreanern Arbeit und brachte dem Land Devisen ein

AUS PEKING FELIX LEE

Die Industriezone Kaesong ist eine Ausnahme in dem von Ausnahmezuständen geplagten Staat. Jeden Morgen fahren Hunderte Südkoreaner zumeist in leitender Funktion in die nordkoreanische Stadt etwa zehn Kilometer hinter der Grenze des ansonsten abgeriegelten Landes.

123 südkoreanische Firmen haben sich in dieser Sonderzone niedergelassen, seitdem die beiden verfeindeten Staaten Kaesong 2004 als Projekt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gegründet hatten. Diese Firmen bieten nicht nur 53.000 Nordkoreanern Arbeit – sondern dem wirtschaftlich völlig darniederliegendem Staat auch wertvolle Devisen. Nun hat Pjöngjang seine Drohung wahr gemacht und das Gelände abgeriegelt.

Nordkoreanische Militäreinheiten verwehrten am frühen Mittwochmorgen rund 480 Unternehmern und Mitarbeitern aus dem Süden den Zugang nach Nordkorea. Etwa 860 weitere Südkoreaner, die sich bereits in Kaesong befinden, sollen nach Angaben des südkoreanischen Vereinigungsministeriums ausreisen dürfen. 36 hätten bis zum Abend dieses Angebot wahrgenommen.

Sie berichten, dass die meisten Anlagen zwar noch in Betrieb seien, allerdings gebe es bereits Nachschubmangel und die Lebensmittel seien knapp. Die meisten Fabriken würden in den nächsten Tagen wohl die Pforten schließen. Südkoreas Verteidigungsminister Kim Kwan Jing hatte am Nachmittag damit gedroht, militärisch einzugreifen, falls die Sicherheit der in Kaesong verbliebenen Südkoreaner gefährdet werde.

Die Abriegelung der Sonderwirtschaftszone zeigt, wie sehr Nordkoreas Führung daran interessiert ist, die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel noch mehr anzufachen. Trotz der Anfeindungen der vergangenen Jahre hatten beide Staaten stets darauf geachtet, Kaesong von den Auseinandersetzungen zu verschonen. Als Nordkorea im vergangenen November 200 Granaten gen Süden abfeuerte und zuvor im Mai eine südkoreanische Korvette versenkte, liefen die Fabriken in Kaesong auf Hochbetrieb weiter.

Doch am Wochenende drohte Pjöngjang erstmals damit, das Industriegelände zu schließen. Immerhin fließen über die Sonderwirtschaftszone jährlich zwei Milliarden US-Dollar in die Kassen von Pjöngjang. Kaesong ist das letzte Projekt der innerkoreanischen Annäherungspolitik der Nuller Jahre. Nun sind sämtliche Verbindungen zwischen Nord- und Südkorea abgebrochen, nachdem Pjöngjang bereits Anfang März die Telefonverbindung zwischen beiden Regierungen kappte.

Am Dienstag hatte das Regime zudem angekündigt, sämtliche Atomanlagen von Yongbyon wieder in Betrieb zu nehmen. 2007 hatte Pjöngjang noch versprochen, im Zuge eines Abrüstungsabkommens die Anlage stillzulegen. Auf dem Gelände befindet sich unter anderem ein Plutonium-Reaktor und eine Anlage zur Anreicherung von Uran. Südkorea und die USA befürchten, dass Nordkorea beide Anlagen verwendet, um noch mehr Nuklearwaffen zu produzieren.

China ist derweil um Vermittlung bemüht. Der chinesische Außenminister hatte bereits am Dienstag die Botschafter der USA und Südkoreas in Peking zu sich geladen. Am Abend telefonierte Chinas Verteidigungsminister Chang Wanquan mit Pentagon-Chef Chuck Hagel. Die chinesische Regierung rief erneut alle Seiten zu Gesprächsbereitschaft auf. Peking wird eine Schlüsselrolle im Konflikt auf der koreanischen Halbinsel zugeschrieben. Doch es mehren sich die Anzeichen, dass selbst der letzte Verbündete Nordkoreas nur noch wenig Einfluss auf das Regime ausübt.