Mit einem Auge auf die Kugel

SKI ALPIN Maria Riesch übernimmt nach zwei Podestplätzen die Führung im Gesamtweltcup. Ihren zweiten Platz im Riesenslalom feiert Deutschlands beste Skifahrerin wie einen Sieg

Den Riesenslalom hat Maria Riesch immer als ihre schwächste Disziplin bezeichnet

AUS MARIBOR ELISABETH SCHLAMMERL

Nur einmal verging Maria Riesch an diesem für sie so großartigen Wochenende kurz das Lachen. Als sie im Finaldurchgang des Weltcup-Slaloms von Maribor im Ziel abschwang, musste sie damit rechnen, nicht auf dem Podest zu landen und obendrein auch noch das rote Trikot der Führenden in der Disziplinenwertung nach mehr als einem Jahr zu verlieren. Sie hatte die Bestzeit verpasst, und oben am Start standen noch zwei Läuferinnnen. Die erste, Kathrin Zettel, carvte ähnlich souverän zu Tal wie am Tag zuvor im Riesenslalom und übernahm die Führung. Und dann war da noch Marlies Schild, die andere Österreicherin. Die hatte nach dem ersten Durchgang mit mehr als einer Sekunde Vorsprung geführt, aber es erging ihr wie der Deutschen Susanne Riesch fünf Tage zuvor in Flachau. Sie fädelte auf dem Weg zum Sieg ein – und Maria Riesch stand am Sonntag doch wieder auf dem Podest, als Dritte hinter Zettel und der Slowenin Tina Maze.

Maria Riesch blieb im Slalom-Weltcup vorn und ist bei den Olympischen Spielen in Vancouver im Slalom zwar nicht Top-Favoritin nach einem Sieg und drei weiteren Podestplätzen in sieben Rennen, aber immerhin aussichtsreiche Medaillenkandidatin. „Für das Selbstbewusstsein des vergangenen Jahres fehlen mir die Siege.“ Der einzige Erfolg in dieser Saison gelang ihr gleich im ersten Slalom und liegt nun schon zwei Monate zurück. Allerdings darf sie sich nach diesem Wochenende auch ein bisschen als Gewinnerin fühlen, denn sie übernahm die Führung im Gesamtweltcup. Lindsey Vonn aus den USA verließ Maribor mit null Punkten. „Mit einem Auge“, sagte Maria Riesch, dürfe man auf die große Kristallkugel schauen, „aber dann bitte gleich wieder wegschauen“. Denn am nächsten Wochenende stehen in Cortina d’Ampezzo zwei Speed-Rennen auf dem Programm. „Da wird Lindsey schwer zu schlagen sein.“ Aber es gibt eben auch einen Riesenslalom.

Der hatte ihr am Samstag ein strahlendes Lächeln auf die Lippen gezaubert. Da war Maria Riesch von Maria Riesch überwältigt. Der zweite Platz in jener Disziplin, die sie bisher als ihre schwächste bezeichnet hatte, löste Emotionen, wie es sonst nur Siege tun. Zum ersten Mal stand sie im Riesenslalom auf dem Podest. „Es hat mir bisher einfach die Konstanz für zwei gute Läufe gefehlt.“

Die Trainer trauten ihr schon länger zu, auch im Riesenslalom vorne mitzumischen. Immer wieder überzeugte Maria Riesch im Training, lag oft nicht weit hinter Kathrin Hölzl, der Weltmeisterin in dieser Disziplin, manchmal sogar vor ihr. „Aber sie hat selbst nicht daran geglaubt“, sagte Cheftrainer Mathias Berthold. Die Blockade ist nun gelöst, aber dass Maria Riesch nun ein häufiger Gast auf dem Siegerpodest bei Riesenslalomrennen wird, ein so häufiger wie im Slalom oder in der Abfahrt, schließt sie noch aus, ebenso dass sie in Vancouver auch im Riesenslalom um den Kampf um die olympischen Medaillen mitmischen werde. „Man muss das Ergebnis schon richtig einordnen können.“

Die Umstände waren günstig. Ein paar Tage zuvor hatte ihr Skiausrüster neue Bretter geliefert, weil Fahrerinnen dieser Marke bisher Schwierigkeiten bei ruppiger Piste hatten. Maria Riesch testete zwei Tage auf der Reiteralm in Österreich und entschied sich für die neuen Ski. „Ich war im Training zwar nicht viel schneller damit“, sagte Maria Riesch. „aber sie laufen ruhiger.“ Außerdem fand der Riesenslalom auf jener Piste statt, auf der ihr schon einige Erfolg gelungenen waren. Im vergangenen Jahr hatte sie auf dem Pohorny überlegen den Slalom gewonnen und vor sechs Jahren bei den Junioren-Weltmeisterschaften die Titel in Abfahrt- und Riesenslalom. „Maribor liegt mir einfach“, sagt sie.

Der Erfolg im Riesenslalom hat die Zielsetzung nicht verändert. „Ich will mich Schritt für Schritt verbessern wie zuletzt im Slalom.“ Dann könne man mal daran denken, einen Riesenslalom zu gewinnen. Am Samstag haben 23/100 Sekunden gefehlt.