Gegen Heimlichtuerei

Grüne wollen nicht, dass die Affäre über Journalisten-Bespitzelung hinter verschlossenen Türen diskutiert wird

BERLIN taz ■ Die Bundestagsfraktion der Grünen will die Überwachung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) öffentlich verhandeln lassen. Bisher hat sich mit der Bespitzelung der Presse nur das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) befasst, dessen Sitzungen geheim sind. Die Grünen haben deshalb gestern im Bundestag einen Antrag gestellt, der verhindern soll, dass die Parlamentarier sich nur hinter verschlossenen Türen mit der BND-Affäre beschäftigen.

„Wir wissen, wie wichtig investigativer Journalismus für die Demokratie ist“, sagte der Grüne Hans-Christian Ströbele zur Begründung. „Deshalb ist es unverzichtbar, dass Journalisten in unserem Land ohne Angst vor BND-Überwachung recherchieren können.“ Durch die Bespitzelungen habe der Geheimdienst das Vertrauen in die Pressefreiheit beschädigt. Dies lasse sich nur durch eine lückenlose Aufklärung wieder herstellen. Außerdem müsse über schärfere Geheimdienstgesetze nachgedacht werden.

Zwischen 1993 und 1994 observierte der BND den Publizisten Erich Schmidt-Eenboom, der in einem kritischen Buch detailliert die Geheimdienstarbeit beschrieben hatte. Auch mehrere Journalisten, die sich mit Schmidt-Eeneboom trafen, wurden von BND-Agenten beschattet – sogar beim Familieneinkauf. Damit wollte der Geheimdienst undichte Stellen im eigenen Haus finden.

Laut Spiegel hat der BND 1997 und 1998 zudem zwei Journalisten dafür bezahlt, dass sie Kollegen bei dem Nachrichtenmagazin ausspionieren. Der BND wollte herausfinden, über welche Quellen die Journalisten 1995 einen Plutoniumskandal aufgedeckt hatten.

Einstimmig hat das Parlamentarische Kontrollgremium festgestellt, dass der BND sich mit diesen Aktionen nicht nur in einer rechtlichen Grauzone bewegte, sondern seine Kompetenzen weit überschritten hat. Ein Sonderermittler soll nun dem Gremium einen Bericht vorlegen.

Das reicht den Grünen aber nicht. „Es kann nicht sein, dass unter dem Verweis auf Geheimhaltung wieder alles unter den Teppich gekehrt wird“, sagte Ströbele. Die Fraktionen von FDP und Linkspartei unterstützen den Antrag. Der Innenausschuss soll sich nun mit dem BND beschäftigen. Ganz aufgeklärt wird der Fall Schmidt-Eenboom wohl aber sowieso nicht mehr. Die meisten Akten sind nämlich nicht mehr aufzufinden.

JAN PFAFF