Merkel weckt europäischen Geiz

Europapolitiker befürchten: Der neue Finanzplan der Europäischen Union bringt Nordrhein-Westfalen ein dickes Minus in der Strukturhilfe

VON ANDREAS WYPUTTA

Aus Brüssel wird weniger Geld fließen: Europaparlamentarier aus Nordrhein-Westfalen warnen nach der Einigung der Staats- und Regierungschefs zum EU-Haushalt vor Kürzungen für das größte Bundesland. „Wie viel Geld noch nach Nordrhein-Westfalen fließt, hängt jetzt vom Verhandlungsgeschick der Landesregierung ab“, sagt Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, grüner Europaabgeordneter aus dem ostwestfälischen Spenge. „Der Haushaltsansatz ist nicht ausreichend“, glaubt auch die Sozialdemokratin Jutta Haug, EU-Parlamentarierin aus Recklinghausen.

Die Regierungschefs hatten sich in der Nacht von Freitag auf Samstag auf eine gemeinsame Linie zum Haushalt geeinigt, der das EU-Parlament allerdings noch zustimmen muss. Danach soll die Europäische Union in den Jahren 2007 bis 2013 über 862,4 Milliarden Euro verfügen können – im Vergleich zu den ursprünglichen Forderungen des Parlaments sinkt der Finanzrahmen so um über 100 Milliarden Euro. Damit steht auch NRW, das bisher vor allem von der so genannten Ziel-2-Regionalförderung profitierte, weniger Geld zur Verfügung. „Eins ist klar: Die Regionen bekommen maximal 75 Prozent der bisherigen Unterstützung“, sagt die grüne Abgeordnete Elisabeth Schroedter, Mitglied des Ausschusses der Regionen des EU-Parlaments und Finanz-Schattenberichterstatterin ihrer Fraktion.

Auf das größte Bundesland kommen damit Kürzungen von mindestens 450 Millionen Euro zu. Darüber hinaus könnten die fünf ostdeutschen Bundesländer auf nationaler Ebene weitere Kompensationen fordern – durch den Beitritt vieler ärmerer osteuropäischer Länder zur EU werden sie in Brüssel zu den „strategischen Verlierern“ gezählt. CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel habe deshalb ursprünglich eine Förderung nur für Ostdeutschland durchsetzen wollen, sei aber am Widerstand der EU-Kommission gescheitert, so Schroedter.

Nordrhein-Westfalens CDU-geführte Landesregierung müsse solche weitergehenden Forderungen der ostdeutschen Bundesländer zurückweisen, sagt der Dortmunder EU-Abgeordnete Bernhard Rapkay. Ironisch verweist auch der Grüne Graefe zu Baringdorf schon heute auf Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsidenten: „Wir haben doch den Herrn Rüttgers, da werden wir doch gut vertreten.“

brennpunkt SEITE 4