Licht am Ende Tiergartentunnels

Verkehrsverwaltung will Röhre noch im Februar öffnen. Bei Software-Problemen sei der „Knoten geplatzt“. Im Tunnel wird die Luft dick. Die Behörde rechnet mit 460 Kilo Kohlenmonoxid am Tag

von ULRICH SCHULTE

Die Verkehrsverwaltung sieht endlich Licht am Ende des Tunnels. Der 385 Millionen Euro teure Tiergartentunnel könnte im Februar kommenden Jahres öffnen – mit jahrelanger Verspätung. „Wir sind guter Dinge, dass wir den Termin im Februar schaffen“, sagte Manuela Damianakis, die Sprecherin von Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), gestern. In den vergangenen Monaten hatte sich die Senatorin nicht mehr zu Öffnungsdaten geäußert, weil bei der Erprobung der Verkehrssicherheits-Software Panne auf Panne folgte. Jetzt gibt sich die Verwaltung optimistisch. Der Grund: Ein wichtiger Systemfehler ist behoben.

Das Programm schaltet etwa Ampeln auf Rot, wenn sich im Tunnel Fahrzeuge stauen oder ein Unfall ereignet. Es muss Vorfälle erkennen, nach ihrer Wichtigkeit ordnen und bearbeiten. Bisher hatte es sie stattdessen stur der Reihe nach behandelt. Seit einigen Tagen erkennt die Software jetzt Prioritäten. „Der Knoten ist geplatzt“, hieß es in der zuständigen Fachabteilung.

Die Testphase werde noch im Dezember beendet, sagte Damianakis. „Das Produkt ist dann fertig.“ Ab Januar startet dann eine sechswöchige Erprobung. Läuft alles einwandfrei, könnten Autofahrer noch im Februar durch die 2,4 Kilometer lange Doppelröhre zwischen Heidestraße/Invalidenstraße und Reichpietschufer rauschen.

Damit fände eine peinliche Baugeschichte ein spätes Ende. Bereits 1995 starteten die ersten Ausschachtungen für die längste Baustelle der Stadt, ursprünglich war die Eröffnung im Jahr 2000 geplant. Ein Grund für die Verzögerung war, dass die Bahn länger unter dem neuen Hauptbahnhof buddelte als geplant. Zuletzt war die die Inbetriebnahme im September geplatzt, weil besagte Software nicht mitspielte.

Im Tunnel wird die Luft ganz schön dick werden. In einer Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei-Verkehrsfachfrau Jutta Matuschek schreibt die Verkehrsbehörde, mit welchen Abgasmengen sie rechnet. In den beiden Röhren blasen die Auspuffe der 50.000 erwarteten Autos am Tag über 460 Kilogramm giftiges Kohlenmonoxid in die Luft, außerdem 160 Kilogramm Stickoxide und 14 Kilo des vermutlich Krebs erregenden Feinstaubs PM 10. Die Abluft strömt – mitgerissen vom Sog der Autos – aus den Portalen, oder sie wird durch große Rotoren aus dem Tunnel gesaugt und durch zwei Kamine in den Himmel geblasen. Der Nordkamin steht am Hauptbahnhof, der südliche versteckt sich im DaimlerChrysler-Gebäude am Potsdamer Platz.

„Die Konzentration von Schadstoffen am Tunnel wird nur geringfügig über derjenigen der Umgebungsluft liegen“, schreibt die Verwaltung. „Es ist keine Mehrbelastung an Schadstoffen im zentralen Bereich zu erwarten.“ Dem liegt eine einfache Rechnung zugrunde: Die Verkehrsbelastung bleibe die gleiche, so die Behörde. Die Entlastungsstraße wird nach Tunnelöffnung dichtgemacht, die Betonröhre soll außerdem parallele Routen wie Friedrichstraße und Hofjägerallee entlasten.

Umweltverbände und Grüne kritisieren die Nullrechnung und fordern den Einbau von Luftfiltern. „Der Tunnel wird zur Dreckschleuder – obwohl es die Chance gäbe, große Mengen belasteter Luft zu säubern“, sagt die grüne Verkehrsexpertin Claudia Hämmerling. Die Verwaltung hat zwei Filtervarianten geprüft: den nachträglichen Einbau von Elektroschadstofffiltern (die Ruß- und Staubpartikel zurückhalten) und die Kombination von Elektroschadstoff- mit Sorptionsfiltern (die Stickoxide oder Benzole auffangen). Den Tunnel zur Ökoröhre zu machen würde laut Verkehrsbehörde 5,4 Millionen Euro kosten – zu teuer aus ihrer Sicht. Für Hämmerling sind das Ausflüchte: „Die Filter würden nur 1,4 Prozent der Bausumme ausmachen.“