folgen von hartz IV
: Die Ökonomie der Arbeitslosen

Es ist offensichtlich: Die Sozialreform Hartz IV zeigt Effekte. Zwar gibt es immer noch nicht mehr Jobs. Dafür aber steigt die Zahl der so genannten Bedarfsgemeinschaften an. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Viele Hartz-IV-Empfänger schlagen den Ämtern ein Schnippchen, indem sie gemeinsame Wohnungen auflösen und sich fortan als eigenständige Haushalte präsentieren. Das wird teuer für den Staat, weil bisherige MitbewohnerInnen nicht mehr ganz so einfach als unterhaltspflichtige LebenspartnerInnen in die Pflicht genommen werden können. Daher überrascht das Geraune von „sozialem Missbrauch“ nicht. Die Hartz-IV-Empfänger trifft das nicht. Denn sie handeln exakt so, wie es selbst konservative Arbeitsmarktpolitiker fordern: streng ökonomisch.

KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH

In der klassischen Ökonomie geht es im Wesentlichen darum, den eigenen Lebensstandard zu verbessern oder zumindest zu erhalten. Das muss nicht unbedingt durch Erwerbsarbeit erreicht werden. Ein aktuelles Beispiel dafür sind diejenigen, die sich bis Jahresende schnell ein Häuschen zulegen, um die Eigenheimzulage noch auszunutzen. Sie ziehen meist eine langfristig geplante Investition vor, weil das nach Abschätzung aller absehbaren Risiken rentabel erscheint.

Auch die Arbeitslosen reagieren nur auf die veränderten Marktvorgaben der Politik. Dabei zeigen sie sich im hohen Grade anpassungsfähig – wenn sie ihren Wohnsitz wechseln. Oder sie sprühen vor Ideenreichtum – wenn sie die bisherige Wohnung so umgestalten, dass sie den Anforderungen der Ämter zur Anerkennung einer getrennten Haushaltsführung genügt. Zudem investieren sie einen Teil der ihnen verfügbaren Ressourcen – etwa die im Überfluss vorhandene Zeit –, um notwendige Behördengänge zu absolvieren.

Noch schöner wäre es, wenn die Arbeitslosen ihr Engagement genauso erfolgreich für die Jobsuche verwenden könnten. Aber bei einer Arbeitslosenquote von annähernd 20 Prozent kann in Berlin jeder Ökonom vor einem mit solch hohen Risiken behafteten Vorgehen leider nur warnen.