Lukaschenko wird schon im März gewählt

In Weißrussland werden die Präsidentenwahlen im kommenden Jahr vorverlegt. Opposition: Schwäche des Regimes

BERLIN taz ■ Die Weißrussen dürfen ihren autokratischen Herrscher Alexander Lukaschenko früher als geplant erneut im Amt bestätigen. Am vergangenen Freitag votierte das präsidententreue Parlament einstimmig dafür, den Termin für die Präsidentschaftswahlen auf den 19. März 2006 vorzuziehen. Bislang waren Beobachter von Mitte Juli als Datum für die Abstimmung ausgegangen.

Der Abgeordnete Ivan Semenenja begründete die Entscheidung damit, dass sich im Sommer viele Wähler im Urlaub befänden und es daher schwierig sei, deren Teilnahme sicherzustellen. Außerdem werde eine Reihe von Wahllokalen in Studentenwohnheimen eingerichtet, die Bewohner seien aber in den Ferien zu Hause. „Da kann es dann passieren“ so Semenenja, „dass in diese Wahllokale überhaupt keiner kommt.“

Eine niedrige Wahlbeteiligung möchte die Regierung in Minsk jedoch auf jeden Fall vermeiden, schmälerte sie doch den schon jetzt feststehenden Sieg von Amtsinhaber Lukaschenko. Zudem greifen die sattsam bekannten weißrussischen Methoden der Einschüchterung eben am effektivsten am Arbeitsplatz und in Wohnheimen. So wurden beim so genannten Referendum im Oktober vergangenen Jahres, mit dem sich Lukaschenko die Möglichkeit einer dritten Präsidentenkandidatur in Folge besorgte, ganze Betriebsbelegschaften zur Abstimmung gekarrt – unter Androhung von Gehaltskürzungen oder Entlassung, sollten sie nicht wie gewünscht abstimmen.

Kandidaten für das höchste Staatsamt, die außer Lukaschenko in den staatlichen Medien nicht vorkommen, haben bis zum 23. Dezember Zeit, ihre Unterstützergruppe bei der Wahlkommission registrieren zu lassen. Die Gruppe muss mindestens die Unterschriften von 100.000 Wählern vorlegen, damit sich der Kandidat seinerseits registrieren lassen kann.

Alexander Milinkewitsch, von der Opposition gekürter Kandidat, gab sich betont gelassen: „Uns ist es egal, ob wir Lukaschenko im März oder Juli besiegen.“ Die Vorverlegung des Wahltermins zeuge von einer wachsenden Schwäche Lukaschenkos. „Wenn die Wahl nicht fair und transparent verläuft, werden die Menschen auf die Straßen gehen – aber nicht für ein Stück Brot, sondern weil sie dieses Leben nicht länger ertragen können“, sagte er.

Ob die Leidensfähigkeit der Weißrussen im Falle massiven Wahlbetrugs im März wirklich an ihre Grenzen stößt, ist derzeit noch nicht ausgemacht. Laut einer Umfrage des litauischen Unabhängigen Instituts für sozialwirtschaftliche und politische Studien kann sich Lukaschenko derzeit auf das Vertrauen von 47 Prozent der Bevölkerung stützen – Tendenz steigend. Doch was sind schon Zahlen? „Ich werde diese Etappe der Wahlen schön und akkurat meistern“, sagte Lukaschenko unlängst. „Die Ergebnisse werden ähnlich wie beim Referendum sein – so bei 70 Prozent.“ BARBARA OERTEL