REINER WANDLER ÜBER DIE VERSCHÄRFTE FINANZKRISE IN PORTUGAL
: Auf Wiedersehen, Europa

Gestern noch Musterschüler, heute durchgefallen. Portugal ist am Ende. Nicht nur, dass das Verfassungsgericht einen Großteil der von der Troika aufdiktierten Sparmaßnahmen als verfassungswidrig einstuft und neue Sparpakete kaum mehr zu schnüren sind, auch die Eckdaten der Wirtschaft sind außer Kontrolle. Portugal rutscht immer tiefer in die Rezession. Eine Rückkehr auf die Finanzmärkte, wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble und mit ihm die Troika noch vor wenigen Monaten prophezeite, wird es nicht geben. Portugal wird zum Symbol für das Scheitern der Austeritätspolitik.

Europa fällt auseinander. Die reichen Länder bewegen sich auf die Vollbeschäftigung zu, der Süden wird zur verbrannten Erde und einmal mehr zum reinen Lieferanten der Arbeitskräfte für Deutschland und seine unmittelbaren Nachbarn.

Die Menschen in Portugal, aber auch in Griechenland, Zypern und Spanien vertrauen der EU längst nicht mehr. Nichts ist sicher. Löhne und Sozialleistungen werden geopfert, Sparguthaben in Zypern und Spanien zur Rettung der Banken herangezogen.

War einst von Solidarität die Rede, um das Projekt Europa zu verkaufen, ist jetzt klar, dass diejenigen recht hatten, die die Union als ein Projekt der Märkte geißelten. In guten Zeiten fielen Brosamen für den Süden ab, in schlechten Zeiten zeigt sich klar, wem Europa nützt: der deutschen Wirtschaft und den deutschen Banken. Sie verdienten und spekulierten in den heutigen Krisenländern fleißig mit.

Ein Ausweg aus dieser Situation ist kaum noch vorstellbar. Das Geld, das nötig wäre, um den Süden wieder aufzubauen, wurde, so absurd das klingen mag, dazu ausgegeben, die Länder dort im Dienste der Finanzwirtschaft totzusparen. Portugal zeigt: Die Sparpolitik hat den Süden über den Rand des Abgrunds geschoben. Die EU ist – auch wenn sie sich noch weiter dahinschleppt – längst Geschichte.

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