NRW zeigt schwache Nerven beim Geld-Poker

Das ländliche Nordrhein-Westfalen wird künftig deutlich weniger Geld aus Brüssel bekommen, sagt Europaminister Breuer. Die Opposition kritisiert, Rüttgers Kabinett kämpfe nicht genug um die Millionen aus EU-Fördertöpfen

DÜSSELDORF taz ■ Die EU-Fördermittel für den ländlichen Raum werden stark gekürzt, befürchtet Nordrhein-Westfalens zuständiger Europaminister Michael Breuer. Statt 300 dürfte Brüssel in den kommenden Jahren nur etwa 200 Millionen Euro zahlen: „Ich erwarte Kürzungen zwischen 30 und 40 Prozent“, so Breuer gestern in einer ersten Einschätzung zur taz.

Im Kampf um die übrigen EU-Subventionen rechnet Breuer dagegen nicht mit gravierenden Kürzungen. „Wir werden nicht viel verlieren.“ Er rechne mit EU-Mitteln von rund 980 Millionen Euro für die Förderperiode bis 2013 – schließlich habe die Bevölkerung des größten deutschen Bundeslandes weiter zugenommen und die Arbeitslosigkeit sei gerade in Regionen wie dem strukturschwachen Ruhrgebiet besonders hoch.

Die Opposition kritisiert, das Kabinett Rüttgers sei „derzeit nicht gut aufgestellt“, verhalte sich „viel zu reaktiv“, so die Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion, Sylvia Löhrmann, zur taz. „Die Landesregierung muss über ihre Brüsseler Vertretung bei der EU vorstellig werden, aus eigener Initiative um die Brüsseler Millionen kämpfen.“

Ein „koordiniertes Auftreten“ vermisst auch Wolfram Kuschke, europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. „Ich kann die Irritationen nicht nachvollziehen“, so der ehemalige Europaminister der im Mai abgewählten rot-grünen Regierung Steinbrück. Schließlich gebe es auf europäischer Ebene seit längerem Pläne, Mittel aus den milliardenschweren Fördertöpfen in Richtung der ärmeren osteuropäischen Neumitglieder zu verschieben. Negativ wirke sich auch die geplante Ablösung von Manfred Degen aus, derzeit noch amtierender Leiter der NRW-Vertretung in Brüssel, ist im Landtag zu hören.

Die europäischen Staats- und Regierungschef hatten sich am Wochenende auf den Finanzrahmen für die Jahre 2007 bis 2013 geeinigt. Nach der Entscheidung, der das Europaparlament aber noch zustimmen muss, schrumpft der EU-Haushalt um über 100 Milliarden auf noch 862,4 Milliarden Euro. Europaabgeordnete wie die grüne Finanzexpertin Elisabeth Schroedter gehen rechnen deshalb damit, dass auch Nordrhein-Westfalen auf mehrere hundert Millionen Euro verzichten müsste, die bisher besonders im Rahmen der so genannten Ziel II-Förderprogramme gezahlt wurden. „Eins ist klar: Die Regionen bekommen maximal 75 Prozent der bisherigen Unterstützung“, sagte Schroedter bereits am Sonntag.

„Wir verlieren diese Mittel nicht“, hält Breuer dagegen. Weitere Details will der Minister aber erst morgen erläutern – auch die Experten des NRW-Finanzministeriums „rechnen noch“, so eine Sprecherin. Bereits jetzt erteilt der Minister aber Forderungen der ostdeutschen Bundesländer, die ebenfalls starke Kürzungen hinnehmen müssen, eine klare Absage: „Das muss man ganz gelassen sehen. Ich halte diese Forderungen für nicht ganz nachvollziehbar.“

ANDREAS WYPUTTA