Asylbewerber protestieren weiter

Erneut klagen Flüchtlinge in einem offenen Brief über „unerträgliche“ Lebensbedingungen in der umstrittenen niedersächsischen Landesaufnahmestelle für Asylsuchende in Bramsche. Ihr Ziel ist die dezentrale Unterbringung

Die Liste der Vorwürfe ist lang. Das alternativlose Kantinen-Essen beispielsweise sei „nicht gesund, da es weder ausgewogen noch vitaminreich ist. Zudem kommt es immer wieder zu Rationierungen“. Ferner sei die medizinische Versorgung „unzureichend“, Beschwerdebilder von PatientInnen würden nicht ernst genommen, der Besuch von Fachärzten werde verweigert, Drogenprobleme von Flüchtlingen ignoriert. Was die Wohnsituation betrifft, sei es „unerträglich, wenn sich mehrere Menschen oder ganze Familien einen Raum teilen müssen“. Und das „Recht auf Schule wird mit der Lagerschule nicht eingelöst. Zwei Unterrichtsstunden am Tag gewährleisten keine angemessene Bildung“.

Formuliert werden diese Vorwürfe in einem offenen Brief von Asylsuchenden, die in der umstrittenen Landesaufnahmestelle im niedersächsischen Bramsche untergebracht sind. 532 Flüchtlinge aus über 30 Nationen leben derzeit in der ehemaligen Kaserne und warten dort auf die Bearbeitung ihrer Anträge auf Asyl. Wobei Bramsche laut Innenministerium explizit die Funktion hat, sich der Menschen anzunehmen, die „keine Bleibeperspektive in Deutschland haben“. Die Hoffnungslosigkeit ist damit ein integraler Bestandteil von Bramsche.

Für Kritiker ist die Landesaufnahmestelle Bramsche nichts anderes als ein „Abschiebeknast“: Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Protestaktionen durch Asylbewerber und Unterstützergruppen. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) indes ist stolz auf das Prinzip der „freiwilligen Ausreisen“, denen Beratungen vorausgehen – Kritiker berichten, hier werde Druck auf die Flüchtlinge ausgeübt, das Land zu verlassen.

Der oben zitierte offene Brief wurde gemeinsam mit UnterstützerInnen ohne Fluchthintergrund geschrieben, so die Unterstützergruppe Avanti. 183 Flüchtlinge hätten den Brief bislang unterschrieben, weitere Unterschriften von Flüchtlingen und Unterstützern sollen hinzukommen. Anfang 2006 will Avanti den Brief an das Innenministerium übergeben. Die zentrale Forderung ist – wie in der Vergangenheit – die dezentrale Unterbringung aller Flüchtlinge.

Für den Leiter der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde in Oldenburg, Christian Lüttgau, handelt es sich bei den Vorwürfen in dem Schreiben um „Behauptungen, die bei Lichte besehen nicht haltbar sind“. Lediglich beim Essen habe es im Oktober und November Mängel bei Qualität und Menge gegeben, die mittlerweile allerdings „abgestellt worden sind“. Ansonsten handele es sich um „Standardforderungen, die sich alljährlich wiederholen und deren inhaltliche Relevanz von Jahr zu Jahr abnimmt“, so Lüttgau. kli