Niedersachsens Dreitagesschulen sind rechtswidrig

Was ist eine Ganztagsschule? SPD ficht erstmals die leichte Unionsvariante der Schule bis nachmittags an. Wissenschaftsdienst des niedersächsischen Landtags gibt SPD Recht

Der Kampf gegen die Ganztagsschule light geht auf die juristische Ebene. In einem Gutachten wird die Genehmigungspraxis von Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann (CDU) bei Ganztagsschulen als rechtswidrig bezeichnet. Busemann lässt – wie viele andere unionsregierte Bundesländer auch – eine Schule bereits dann als Ganztagsschule gelten, wenn lediglich an drei Tagen „unterrichtsergänzende Angebote“ am Nachmittag vorgehalten werden. Das verstoße gegen das niedersächsische Schulgesetz, heißt es in einem Papier des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes (GBD) des niedersächsischen Landtags.

Hintergrund für das Gutachten ist der bundesweit schwelende Streit zwischen Union und SPD, was unter einer Ganztagsschule zu verstehen sei. Während die frühere Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) immer ein neues Verständnis von Lernen (Schule als Lebensort) forderte, setzte die Union nach anfänglichem Widerstand später auf eine Schrumpfform von Ganztagsunterricht. Manche Bundesländer stecken das Bundesgeld (Kasten) mehr in Renovierungen denn in Umbauten für Schule bis nachmittags.

Im Schulgesetz Niedersachsens heißt es, eine Schule könne als Ganztagschule genehmigt werden, wenn sie an mindestens vier Tagen der Woche den Unterricht um ein Förder- und Freizeitangebot ergänze. Bisher sind in Niedersachsen rund 185 neue Ganztagsschulen mit einem Nachmittagsangebot von nur drei Tagen genehmigt worden.

SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner forderte Busemann auf, die juristischen Probleme schnellstmöglich zu lösen. „Andernfalls drohen langwierige Rechtsstreitigkeiten auf dem Rücken der betroffenen Schulen und sogar Millionen-Rückforderungen der Bundesregierung.“ Das Bundesbildungsministerium wollte das Gutachten nicht kommentieren. Die neue Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) wird jedoch dem Vernehmen nach Zuschüsse nicht zurückfordern.

Busemann behauptete, die Mittel seien streng nach den Förderrichtlinien vergeben worden. An den Zuwendungsbescheiden gebe es „nichts zu deuteln“. Das Gutachten stelle klar, dass alle genehmigten Ganztagsschulen mit einem Nachmittagsangebot an drei Tagen die rechtliche Stellung einer Ganztagsschule nach dem Schulgesetz erlangt hätten.

Der Bund unterstützt Ganztagsschulen bis 2009 mit vier Milliarden Euro. Niedersachsen erhält davon rund 400 Millionen Euro. Das Geld des Bundes darf aber nur für Baumaßnahmen wie eine neue Mensa ausgege- ben werden, nicht für Personal oder Lehrer. So schreibt es das Grundgesetz vor, so wollen es auch die Länder. Zusätzliches Personal für den Nachmittagsbetrieb allerdings stellen die Schulminister der Länder bisher kaum zur Verfügung. Viele der Ganztagsschulen müssen ihr Nachmittagsangebot daher mit ehrenamtlicher Unterstützung, mit Verbänden und mit Unterstützung der Schulträger gestalten.

DPA, CIF