Krude und wirr

betr.: „Herausforderung Ahmadinedschad“, Kommentar von Micha Brumlik, taz vom 16. 12. 05

Herr Brumlik beweist in seinem Kommentar profunde juristische Kenntnisse – die daraus abgeleiteten Konsequenzen erscheinen aber doch einigermaßen krude und wirr: Weil der Holocaust geleugnet wird, verstößt Ahmadinedschad gegen deutsches Recht und könnte hier vor Gericht gestellt werden. Eine abstruse Vorstellung, wenn man bedenkt, dass hierzulande offene und verklausulierte Holocaust-Leugner häufig nicht vor Gericht landen – vielleicht aus prozessökonomischen Gründen, da es deren so viele gibt.

Ahmadinedschad ist nach Einschätzung der allermeisten Kommentatoren ein Wirrkopf, der in seinem eigenen Lande nicht mehr so recht für voll genommen wird und deswegen im Inneren mit wüsten außenpolitischen Ausfällen Terrain zurückerobern will. Androhung der Vernichtung Israels, „Vorbereitung eines Angriffskriegs“? – jeder nur mäßig mit den realen Machtverhältnissen im Nahen Osten Vertraute kann darüber nur lachen. Israel mit seinem übermächtigen Militärapparat und seinen Atombomben und den USA im Rücken ist realiter nicht angreifbar, außer um den Preis des Selbstmordes des Angreifers.

Herr Brumlik sollte das ganze Szenario einfach mal auf die USA übertragen. Da wird zwar kein Holocaust geleugnet, doch Angriffskriege werden nicht nur angedroht, sondern von dem „Pfingstler“ Bush an der UNO vorbei auch tatsächlich geführt. Und sollte Herr Bush wieder nach Deutschland kommen, wäre es oberste Juristenpflicht, ihn sofort wegen eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs in den Knast zu stecken. GUNTHER LENNER, Oettingen