Den Haag verurteilt Besetzung des Kongo

Internationaler Gerichtshof: Uganda muss Reparationen wegen Kongokrieg zahlen. Klage gegen Ruanda läuft noch

BERLIN taz ■ Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat ein wegweisendes Urteil zum Krieg in der Demokratischen Republik Kongo gefällt. Das für zwischenstaatliche Streitfälle zuständige Gericht verurteilte am Montag Uganda zu Reparationszahlungen an den Kongo wegen völkerrechtswidriger Handlungen im Krieg 1998–2003. Der Kongo sei seinerseits ebenfalls zu Reparationen an Uganda verpflichtet wegen Angriffen auf ugandische Diplomaten zu Kriegsbeginn 1998.

„Illegale Gewaltanwendung, Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität, militärisches Eingreifen, Besetzung von Ituri, Verletzung des internationalen Menschenrechts und des humanitären Völkerrechts, Plünderung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen“ wirft das Gericht Uganda vor, dessen Armee von 1998 in 2003 im nördlichen Drittel des Kongo Rebellen unterstützte – die inzwischen Teil von Kongos Regierung sind.

Der Kongo hatte am 23. Juni 1999 Uganda, Ruanda und Burundi in Den Haag wegen „bewaffneten Angriffs“ verklagt. Grund war, dass seit Sommer 1998 Truppen dieser Länder im Kongo Rebellen gegen den damaligen Präsidenten Laurent-Désiré Kabila unterstützten – den sie selbst ein Jahr zuvor militärisch an die Macht gehievt hatten. Weil Kabila die fremden Truppen einst selbst ins Land geholt hatte, argumentierten die Beklagten, sei die Klage gegenstandslos. Dies weist Den Haag zurück: Kongos Zustimmung für eine Militärpräsenz Ugandas sei nicht zeitlich und geografisch unbegrenzt gewesen. Auch „die rechtlichen und faktischen Bedingungen zur Ausübung eines Rechts auf Selbstverteidigung Ugandas gegen Kongo waren nicht vorhanden“.

Daraus folgert das Gericht, „dass Uganda die Souveränität und die territoriale Integrität des Kongo verletzt hat“. Im Einzelnen widerspricht das Gericht zwar vielen kongolesischen Detailvorwürfen. Ugandische Soldaten hätten jedoch Morde begangen, Ortschaften zerstört, ethnische Konflikte geschürt und natürliche Ressourcen geplündert. Es sei nicht bewiesen, dass dies eine „gezielte Politik“ war. Aber Ugandas Regierung trage „Verantwortung für alle Akte oder Verfehlungen seiner eigenen Streitkräfte auf kongolesischem Staatsgebiet“. Und: „Es ist im Völkerrecht verankert, dass ein Staat, der Verantwortung für einen völkerrechtswidrigen Akt trägt, in der Pflicht steht, vollen Ersatz für den durch diesen Akt verursachten Schaden zu leisten.“

Eine Berufung gegen das Urteil ist nicht möglich. Die Regierungen Ugandas und Kongos werden aufgefordert, in Verhandlungen über die Höhe der Reparationen zu treten. Sollten diese scheitern, müsse das Gericht entscheiden. Kongos Regierung kündigte an, 10 Milliarden Dollar zu verlangen – mehr als Kongos Bruttosozialprodukt.

Bleibt Uganda ein Einzelfall? Die Klage von 1999 war auch gegen Ruanda und Burundi gerichtet. Diesen Teil zog der Kongo jedoch ohne Begründung am 15. Januar 2001 zurück – einen Tag vor der Ermordung von Präsident Laurent-Désiré Kabila. Im Mai 2002, als Kongo in Friedensverhandlungen mit Ruanda steckte, wurde eine neue, ähnliche Klage eingereicht. Die mündlichen Verhandlungen dazu begannen im Juli dieses Jahres. Kongos Eiertanz schwächt die kongolesische Position in diesem Fall, und Ruandas Recht auf Selbstverteidigung wird wegen der Anwesenheit ruandischer Völkermordmilizen im Kongo schwieriger von der Hand zu weisen sein. Andererseits verhielt sich Ruandas Armee im Kongo nicht besser als die Ugandas.

Dabei wurden die brutalsten Verbrechen im Kongokrieg von Kongolesen begangen. Dafür aber ist der Internationale Gerichtshof nicht zuständig, und Kongo hat die einheimischen Kriegsverbrecher amnestiert.

DOMINIC JOHNSON