Berlin an der Seine Teil II

KONSOLIDIERUNG Der deutsch-französische Austausch geht in die zweite Runde. Mit insgesamt 27 Galerien überzeugt das Projekt „Berlin–Paris“ auch dieses Jahr

Der diesjährige Austausch ist geprägt von Kontrasten. Es sind nicht nur viele junge Galeristen und Künstler mit von der Partie, auch die Partnerschaften und Programme der Galerien zeugen von Divergenz und überraschen. So gastiert die längst legendäre Galerie Denise René bei der erst zwei Jahre jungen Galerie Sommer & Kohl in der Kurfürstenstraße 13/14. Johann König, der eigentlich auf zeitgenössische Kunst spezialisiert ist, zeigt Designermöbel der Fünfzigerjahre von Mathieu Matégot, und Esther Schipper, die sonst auf Konzeptkunst setzt, hängt ausnahmsweise Bilder an die Wände ihrer Galerie.

Konzipiert von der Kulturabteilung der französischen Botschaft in Berlin, können die Berliner Galeristen sich ihre Partnergalerien in Paris selbst aussuchen. Auch die Programmgestaltung der einzelnen Galerien erfolgt unabhängig. „Wir verstehen uns als Schrittmacher und wollen dem deutschen Kunstbetrieb die Qualität des französischen vermitteln“, sagt Cédric Aurelle, Leiter des Bureau des Arts Plastiques der französischen Botschaft. Dabei steht neben dem Transfer französischer Künstler deren Vernetzung im Mittelpunkt: „Das Ziel des Austausches ist die Begegnung der verschiedenen Akteure der Kunstszenen, der Sammler, Vertreter von Institutionen, Journalisten und selbstverständlich der Künstler“, so Aurelle.

Obwohl Berlin derzeit auf zeitgenössische Kunst fixiert ist, überraschen einige Programme mit kunsthistorischen Aspekten. Wie bei Mehdi Chouakri in den Edison Höfen in Mitte. Mit seiner renommierten Partnergalerie „Galerie 1900–2000“ widmet er dem französischen Maler Francis Picabia eine Einzelausstellung. „Keine zeitgenössische Kunst ohne die Moderne“, bringt Mehdi Chouakri das Konzept auf den Punkt.

Der Mitbegründer der Pariser Dada-Bewegung Francis Picabia gilt als einer der einflussreichsten Figuren der Klassischen Moderne. Ob impressionistische Aquarelle, abstrakte Kompositionen oder sinnliche Frauenportraits: Die hier gezeigten Arbeiten auf Papier und Leinwand geben einen Einblick in das vielseitige Schaffen des Exzentrikers, der sich den Hauptströmungen der Moderne widersetzte, aber immer wieder jede Stilrichtung vom Impressionismus bis hin zur Abstraktion in seinen Werken vereinte. „Paris hat eine ganz großartige Vergangenheit und eine traditionsreichen Kunsthandel. Hier ist die Gelegenheit, das auch zu zeigen“, begründet Chouakri seine Wahl.

Bei Sommer & Kohl und ihrer Partnergalerie Denise René zeigen die Jungen, was aus der Kunst der Alten geworden ist. So bekommt die Pariser Galerie von den Berlinern den jungen Abstrakten Knut Henrik Henriksen nach Paris geschickt. In der Kurfürstenstraße 13/14 ist im Gegenzug eine Gruppenschau mit Werken von Op-Art-Künstlern wie Victor Vasarely oder Jesus Rafael Soto zu sehen.

Damit schiebt der Berlin-Paris-Austausch den Dialog an und gibt neue Impulse für Künstler und Sammler. Doch zur Belebung des Kunstmarktes muss man weiter über die Grenzen hinaus blicken, fordert Esther Schipper, die mit Nathalie Obadia eine international agierende Galerie eingeladen hat: „Es ist gut, wenn sich der europäische Markt dichter vernetzt. Es würde uns und unserer Arbeit gut tun, wenn es eine gegenseitige Stärkung gäbe“, sagt Esther Schipper. Das „Wir-Gefühl“ soll entstehen. Ein Anfang ist gemacht.SIMONE JUNG

Bis 23. Januar, Infos: www.berlin-paris.fr