Wenn das ärztliche Attest beim Amt Verdacht erregt

HARTZ IV Die Jobcenter wollen kranke Arbeitslose schärfer kontrollieren und drohen mit Sanktionen

NÜRNBERG dpa | Hartz-IV-Empfänger, die häufig Jobcenter-Termine oder Vorstellungsgespräche wegen einer Erkrankung platzen lassen, müssen sich auf schärfere Kontrollen einstellen. Überführten Blaumachern soll das Arbeitslosengeld gekürzt werden. Bei einer Häufung von Kurzerkrankungen sind Jobcenter seit dem 1. April angewiesen, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen einzuschalten. Grundlage sei eine Vereinbarung zwischen der Bundesagentur, den Kommunen und den gesetzlichen Krankenkassen, sagte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit (BA), die einen entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung bestätigte.

Zahlen darüber, wie oft wichtige Termine von Arbeitssuchenden wegen kurzfristiger Erkrankungen platzen, liegen der BA nach eigenen Angaben nicht vor. Dass es solche Fälle gebe, sei aber unstrittig, sagte eine Sprecherin. Die Vermittler hätten schon immer die Möglichkeit gehabt, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen einzuschalten. „Mit der Vereinbarung ist nun der Verfahrensablauf klarer geregelt.“

Formblätter machten eine Gesundheitsprüfung zu einem ernst zu nehmenden Kontrollinstrument – von dem sich die BA eine präventive Wirkung erhoffe. „Wir sagen den Vermittlern ganz klar: Lasst euch nicht von Leuten auf der Nase herumtanzen, die immer dann krank sind, wenn wir mit ihnen etwas vorhaben“, sagte die Sprecherin.

Mit den verschärften Kontrollen reagieren die Jobcenter der Sprecherin zufolge aber keineswegs auf eine Zunahme von Erkrankungen oder eine auffällige Häufung fragwürdiger Krankmeldungen unter Hartz-IV-Empfängern. Im März hätten sich zwar etwa 68.000 Hartz-IV-Bezieher krankgemeldet – der höchste Krankenstand in dieser Gruppe seit Januar 2012. „Das hängt aber wohl eher damit zusammen, dass in diesem Frühjahr die Zahl der Erkrankungen in der ganzen Gesellschaft hoch ist.“

Das Erwerbslosenforum Deutschland kritisiert die verschärften Gesundheitskontrollen als „eine neue Hetzkampagne“ gegen Bezieher von Hartz IV. Sie zeigten, wie unsensibel die Bundesagentur mit kranken Menschen umgehe, erklärte Sprecher Martin Behrsing. Gerade Menschen in Armut seien signifikant häufiger krank.