Dokumente verschleppt“

Ein Vortrag über den Kampf um Ghettorenten

■ 34, Historikerin, hat Gutachten über gesetzliche Rentenansprüche ehemaliger Arbeiter in Ghettos während des Nationalsozialismus erstellt.

taz: Frau Hansen, als Historikerin haben Sie Gutachten über Rentenansprüche von Arbeitern in Ghettos während des Zweiten Weltkriegs verfasst. Wie kann man sich das vorstellen?

Imke Hansen: Es ging darum zu beweisen, ob ein gesetzlicher Anspruch auf Rente besteht und ob eine Person wirklich in einem Ghetto gearbeitet hat. Tatsächlich verfügten die Nationalsozialisten, dass jüdische Arbeiter von ihrem ohnehin geringen Lohn noch Renten- und Krankenversicherungsbeiträge abziehen mussten. Diese Regelungen sind sorgfältig dokumentiert. Schwieriger war es zu beweisen, ob ein freiwilliges oder ein Zwangsarbeitsverhältnis vorherrschte. Von der Deutschen Rentenversicherung wurde häufig darauf verwiesen, dass bei Zwangsarbeit kein Zahlungsanspruch besteht. Aus historischer Perspektive ist die Unterscheidung allerdings nicht so einfach.

Was heißt das?

Historiker sind sich einig, dass Lohnarbeit die Regel war, während Zwangsarbeit im Ghetto sich meist auf einige Tage im Monat beschränkte. Die Argumentation der deutschen Gerichte und der Deutsche Rentenversicherungen hatten keine Grundlage.

Wollte sich da jemand aus der Verantwortung ziehen?

Na ja, die Deutsche Rentenversicherung wollte natürlich Geld sparen. Bei den Gerichten wurde nicht unbedingt zügig gearbeitet. Teilweise wurden Dokumente verschleppt und es wurde keine Rücksicht auf das hohe Alter der Kläger genommen. INTERVIEW: LIN

Vortrag „Spiel auf Zeit – Wie Holocaust-Überlebende bis heute um ihre Ghetto-Rente kämpfen“ mit Imke Hansen, der Journalistin Nina Schulz und der Fotografin Elisabeth Mena Urbitsch: 19.30 Uhr, Zentralbibliothek, Hühnerposten 1