Skandal im Polizeibezirk

UNRECHT Ein Gericht kritisiert die Polizei Hannover. Sie verwehre Beschuldigten rechtliches Gehör

Die Polizeidirektion Hannover verstößt immer wieder bei strafrechtlichen Ermittlungen gegen das Gesetz. So verwehrt sie oft den Beschuldigten vor einer Erkennungsdienstlichen Behandlung (ED) das Recht einer persönlichen Anhörung. Das hat das Verwaltungsgericht Hannover am Dienstag festgestellt – nicht zum ersten Mal.

Deshalb hat das Gericht der Polizei die Kosten eines Verfahrens auferlegt, obwohl der Betroffene die Klage in der Verhandlung zurückgezogen hat. „Das Gericht hat schon mehrfach gebetsmühlenartig die Praxis angemahnt“, berichtet der hannoversche Rechtsanwalt Andreas Hüttl.

Gegen Hüttls Mandanten war voriges Jahres wegen räuberischer Erpressung sowie gefährlicher Körperverletzung ermittelt worden. Nach Anklageerhebung ordnete die Polizei eine ED-Behandlung an, ohne dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren. Dabei heißt es im Verwaltungsverfahrensgesetz: „Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern“.

Gegen diese gesetzeswidrige ED-Behandlung wehrte sich der Betroffene in diesem Verfahren, obwohl er bereits im Januar zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden ist. Denn auch das niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte sich schon mit der Praxis befasst. Dem Beschuldigten müsse Gelegenheit zur Äußerung gewährt werden, „damit der Sachverhalt geklärt werden kann und unrichtige Verwaltungsentscheidungen vermieden werden“.

Doch trotz der OVG-Vorgaben hätte sich an der polizeilichen Praxis in Hannover, ED-Behandlungen ohne Anhörung durchzuführen, seit Jahren nichts geändert, sagt Hüttl. So sah es auch das Verwaltungsgericht. „Die Art und Weise wie die Polizeidirektion Hannover solche Bescheide erlässt, ist unglaublich“, sagte der Vorsitzende Richter und kommt zum Resümee. „Ein Skandal.“  KVA