2.250 Euro Strafe wegen „Schotter“-Absicht

URTEIL Bundestagsabgeordneter muss Strafe zahlen, weil er die Schotter-Aktion beim Castortransport mit seiner Unterschrift unterstützte. Für das Amtsgericht Lüneburg hat er damit zu Straftaten aufgerufen

Den Aufruf im Internet zum Schottern unterschrieben Hunderte im Herbst 2010

Die juristische Verfolgung von Sympathisanten der Kampagne „Castor? Schottern!“ geht weiter. Gestern verurteilte das Amtsgericht Lüneburg den Hamburger Bundestagsabgeordneten der Linken, Jan van Aken, zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.250 Euro – die Staatsanwaltschaft hatte 3.000 Euro verlangt. Wie die Ankläger wertete das Gericht die Unterschrift des Politikers unter eine Absichtserklärung der Initiative „Castor? Schottern!“ im Herbst 2010 als Aufruf zu strafbaren Handlungen.

Es sah sich durch ein Grundsatzurteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle bestätigt: Wer dazu aufruft, bei Castor-Transporten Schottersteine aus dem Gleisbett zu entfernen, macht sich strafbar, entschied das OLG vor zwei Wochen.

„Castor? Schottern!“ hatte damals angeregt, auf der für den regulären Zugverkehr gesperrten Castor-Bahnstrecke die Steine aus dem Gleisbett zu räumen, um die Fahrt des Atommüllzuges zum Zwischenlager Gorleben zu behindern. Hunderte unterschrieben den Aufruf im Internet – neben Bundestags- und Landtagsabgeordneten der Linken auch die Liedermacher Hannes Wader und Konstantin Wecker. Attac, die atomkraftkritische Initiative „ausgestrahlt“, Robin Wood, die Grüne Jugend, die Jusos und die Linksjugend Solid bekundeten Sympathie.

Während des Castortransports selbst gelang es Aktivisten mehrmals, größere Abschnitte zu „schottern“. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei wurden zahlreiche Menschen durch Knüppelschläge und Tränengas verletzt. Dass van Aken damals gar nicht im Wendland weilte, war für das Gericht ohne Belang.

„Die Staatsanwaltschaft hat noch gar nicht kapiert, dass der Kalte Krieg vorbei ist“, sagte van Aken nach der Urteilsverkündung der taz. Ob er gegen das Urteil Berufung einlegen will, ließ er zunächst offen.

Am 21. April muss sich die frühere niedersächsische Landtagsabgeordnete Christel Wegner in derselben Sache vor Gericht verantworten. Zwei Tage später kommt es zum Prozess gegen die Bundestagabgeordneten Inge Höger, Diether Dehm und Sevim Dagdelen (Linke). Am 21. Mai folgt dann das Verfahren gegen Mischa Amoneit, den Pressesprecher von „Castor? Schottern!“. REIMAR PAUL