Guter Rat ist zu teuer

Im Zuge der Haushaltskürzungen soll der Flüchtlingsrat NRW kein Geld mehr vom Land erhalten. Das Innenministerium in Düsseldorf rechtfertigt die Einsparungen mit sinkenden Flüchtlingszahlen

VON MORITZ SCHRÖDER
UND NATALIE WIESMANN

Der Flüchtlingsrat NRW kämpft um sein Überleben. Die CDU-FDP-Regierung will die Mittel für die Geschäftsstelle im nächsten Jahr komplett streichen. Die Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates NRW, Andrea Genten, sieht darin einen Versuch der Landesregierung, die Flüchtlingslobby zu schwächen: „Das ist eine politische Entscheidung“ (siehe Interview). Das Innenministerium in Düsseldorf rechtfertigt die Kürzungen mit dem allgemeinen Sparzwang und den zurückgehenden Asylbewerberzahlen in Nordrhein-Westfalen.

Der Dachverband der Flüchtlingsräte im Land informiert und schult ehrenamtliche Flüchtlingshelfer in rechtlichen und politischen Fragen. Er koordiniert die Flüchtlingsorganisationen im Land und bezieht Stellung zu politischen Entscheidungen. In den vergangenen zwei Jahren flossen noch jeweils 150.000 Euro, um zweieinhalb Stellen und das Büro in Essen zu finanzieren.

Das Innenministerium will lieber die Dachorganisation opfern und dafür möglichst viele Beratungsstellen erhalten. „Es ist doch besser bei der Verwaltung zu sparen als bei den Flüchtlingen“, sagt Dagmar Pelzer, Sprecherin des Innenministeriums. Man müsse die Haushaltsmittel an die Gegebenheiten anpassen, auch in Hinsicht auf die sinkenden Flüchtlingszahlen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Asylbewerber etwa um die Hälfte gesunken. Deshalb wird auch im Bereich der Flüchtlingsaufnahme um 36 Millionen gekürzt.

Die Grünen dagegen wollen sich für den Erhalt des Flüchtlingsrates einsetzen. „Wir werden im Haushaltsverfahren fordern, das Geld für den Flüchtlingsrat zu erhalten“, verspricht die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Monika Düker. So könne auch die Arbeit der zahlreichen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen in der Flüchtlingsberatung gewürdigt werden. Für die Kürzungen kritisiert sie den neuen CDU-Finanzminister: „Linssen macht Klientelpolitik.“

„Die Kürzungen empfinde ich als Katastrophe“, sagt Helma Belke, Sprecherin des Flüchtlingsrates im Kreis Borken. Alle Mitarbeiter dort arbeiten ehrenamtlich und sind auf die Informationen vom Landes-Flüchtlingsrat angewiesen. Von dort kommen neben politischen und rechtlichen Informationen im Bereich Flüchtlingspolitik auch Tipps und Adressen von anderen kompetenten AnsprechpartnerInnen. Benke ist vom Trend in der Flüchtlingspolitik beunruhigt: „Ehrenamtliche Beratungsangebote werden immer weniger gewürdigt.“

Aber es wird nicht nur abgebaut. Im August wurde vom Roten Kreuz im Kreis Borken eine Stelle für Rückkehrberatung und Reintegration geschaffen. Seitdem betreut ein Mitarbeiter vor Ort sowohl ausreisewillige als auch ausreisepflichtige Flüchtlinge, die das Land verlassen. Doch auch die Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände sind von den Kürzungen betroffen. In der Beratung für die Asylverfahren fallen nach dem Haushaltsentwurf drei Stellen weg. Lediglich die psychosoziale Beratung für die Flüchtlinge und die Rückkehrberatung, die dieses Jahr erst eingeführt wurde, sollen aufgestockt werden.