Verkehrspolitik
: Pure Ideologie

Für eine „realistische Politik“ will Nordrhein-Westfalens CDU-Verkehrsminister Oliver Wittke stehen. Über rot-grüne Ideologen klagt Gelsenkirchens gescheiterter Ex-Oberbürgermeister gern. Dabei erweist sich Wittke selbst als Hardliner, als Ideologe. Denn objektiv begründbar ist die von ihm verkündete Wende in der Verkehrspolitik des Landes – weg von der Schiene, hin zu noch mehr Straßen – keineswegs.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

Denn der Minister bedient sich eines Taschenspielertricks. Er fälscht schlicht die eigene Statistik. Aus dem Nichts zaubert Wittke einen so genannten „Nutzen-Kosten-Quotienten“ – und nach dem, oh Wunder, ist die Bahn teuer, langsam, ineffektiv.

Was der Minister verschweigt: Sein Quotient basiert einzig und allein auf dem Status Quo. Weitere Steigerungen des Individualverkehrs, mehr Autos hat sein Ministerium nicht einberechnet. Dabei ist seit langem bekannt, dass neue Straßen noch mehr Menschen dazu verleiten, statt der Bahn das scheinbar bequemere Auto zu benutzen. „Induzierten Verkehr“ nennen Wissenschaftler das.

Schlimmer noch: Der Minister weiß um seine eigenen Tricks. Sein Modell der langsamen Bahn geht nur auf, „wenn der Autoverkehr fließt“, wie Wittke selbst einräumt. Nach dieser Logik dürfte es auf Nordrhein-Westfalens Autobahnen keine Staus geben – schließlich werden die seit Jahren ausgebaut. Täglich zu besichtigen ist aber Stillstand, hunderter Baustellen zum Trotz. Zum Ausbau der Schiene gibt es deshalb keine Alternative.