Ich war noch nie dort

Immer wenn ich nach Mettmann komme, schrumpfe ich. Übrig bleibt David Denk, wie er im Jahr 2000 war, mit 19. Dann habe ich die Stadt verlassen. Seitdem fehlt jegliches Update. Daran können auch die lästigen Und-was-machst-du-so-Unterhaltungen nichts ändern, die an Karneval, beim Heimatfest und Blotschenmarkt an jeder Ecke lauern. Sie überwinden keine Gräben, sondern vergrößern sie. Ich führe mein Leben, sie ihres – ich lebe in Berlin und arbeite bei einer Zeitung; wo sie leben und was sie machen, ist mir in den meisten Fällen egal. Also: Warum drüber reden? Worüber reden?

Besonders schlimm ist der 23. Dezember. Bis dahin sind alle, die bei Mutti feiern, in der Stadt, also trifft man sich in der Mettmanner Konsenskneipe „Zum Türmchen“ auf dem Marktplatz. Netter Laden – bloß nicht an jenem Abend!

Ich wollte schon immer weg aus Mettmann – und habe daraus auch nie einen Hehl gemacht. Ich wirkte wohl arrogant, habe es anderen nicht gerade leicht gemacht, mich zu mögen. Dementsprechend frostig wäre wohl auch die Begrüßung bei diesen vorweihnachtlichen Besäufnissen. Ja, wäre! Denn ich war noch nie da – Mama sei Dank! Sie ist Anfang 2000 nach Berlin gezogen. Seitdem feiere ich hier Weihnachten. Manchmal hätte ich mir gewünscht, an den Feiertagen ein paar Leute wiederzusehen. Aber eben nur einige, nicht alle. Also ist Weihnachten in Berlin für mich ein Geschenk – alle Jahre wieder. DENK