Maut bringt dem Bund 2.850.000.000 Euro

Verkehrsminister Tiefensee zieht eine positive Bilanz der Lkw-Maut und will sie auf acht Bundesstraßen ausweiten

BERLIN taz ■ Die Maut funktioniert, sagte gestern Wolfgang Tiefensee. Der neue SPD-Verkehrsminister darf in diesem Jahr 2,85 Milliarden Euro aus dem modernen Wegezoll verbuchen. Das sind 150 Millionen Euro weniger als von der Regierung erwartet. Im Bundeshaushalt waren aber ohnehin nur 2,8 Milliarden Euro fest eingeplant.

Die Maut, die per Satellit automatisch berechnet und abgebucht wird, scheint ihre Anfangsschwierigkeiten damit überwunden zu haben: Telekom und DaimlerChrysler, die das Betreiberkonsortium Toll Collect gründeten, hatten den Start des Gebührensystems immer wieder verschieben müssen. Die Ingenieure bekamen die technischen Probleme nicht in den Griff. Erst seit Anfang diesen Jahres müssen Laster mit mehr als 12 Tonnen Gewicht auf Autobahnen eine Gebühr zahlen – im Schnitt 12,4 Cent pro Kilometer.

Das System kostet die Bundesregierung jedes Jahr 600 Millionen Euro. Bleiben 2,25 Milliarden Euro an Einnahmen. 280 Millionen Euro davon sollen in den Ausbau von Flüssen gesteckt werden. Das Dreifache fließt in die Schiene. Der größte Batzen geht in den Straßenbau – 1,125 Milliarden Euro.

Der Staat könnte allerdings noch mehr Geld einnehmen. Denn so mancher Spediteur versucht, die Maut zu sparen. Das Bundesamt für Güterverkehr hat 500 Mautkontrolleure eingestellt, die auf den 12.000 Kilometern Autobahn unterwegs sind. Sie erwischten bisher 276.000 Lkw-Fahrer, die die Gebühr nicht zahlten und dafür mit einem Bußgeld belegt wurden.

Oft hätten sich die Kontrolleure aber auch getäuscht, berichtet einer der Beamten: Sie winkten einen schweren Laster an die Seite, der laut elektronischer Datenabfrage keine Maut gezahlt hatte. Als die Kontrolleure den Fahrzeugschein sahen, staunten sie: „Das zulässige Gesamtgewicht beträgt 11,9 Tonnen“, stand dort. Nur zehn Kilo mehr und der Laster wäre mautpflichtig gewesen. „Manche Spediteure gehen in die Zulassungsstelle und lassen sich die Papiere umschreiben“, sagt der oberste Mautkontrolleur Deutschlands, Harald Schmidt. „Dann darf der Spediteur zwar zehn Kilo weniger transportieren, aber das tut ihm nicht weh.“

Tatsächlich zählt das Kraftfahrtbundesamt mittlerweile mehr kleine Laster. Im September, heißt es in der Flensburger Behörde, seien gut 40 Prozent mehr 7,5- bis 12-Tonner zugelassen worden als ein Jahr zuvor.

Zudem rollen mittlerweile viele schwerere Laster auf Nebenstrecken – und umgehen auf den Bundes- oder Landesstraßen die Mautpflicht. Auf diese Mautflüchtlinge will die Bundesregierung nun den Druck erhöhen: Lkw-Fahrer sollen voraussichtlich ab Ende nächsten Jahres auch auf mindestens acht Bundesstraßen Gebühren entrichten. Dazu gehört beispielsweise die B 4 zwischen dem niedersächsischen Braunschweig und Lüneburg. In Schleswig-Holstein wird die B 4 zwischen Hamburg und Bad Bramstedt bemautet, in Hessen die B254 zwischen Alsfeld und Fulda. Nur die EU-Kommission muss noch zustimmen.

HANNA GERSMANN

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